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Saudi-Arabien, der Westen und der Terrorismus

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Saudi-Arabien ist seit Jahrzehnten ein enger Bündnispartner der durch die USA angeführten westlichen Staatengemeinschaft. Saudi-Arabien ist außerdem das Land mit den weltweit größten Ölvorkommen. Gleichzeitig ist Saudi-Arabien das Land, aus dem  fast alle Attentäter des 11. September stammten. Auf den Straßen Saudi-Arabiens wurde das Attentat gefeiert und in einer Umfrage erklärten 95% der Befragten Staatsbürger Saudi-Arabiens, dass sie den Absichten Bin Ladens wohlwollend gegenüber stünden (siehe hier). Saudi-Arabien versteht sich als Gottesstaat. Die Herrscherfamilie bekennt sich zu einer Sekte des sunnitischen Islams, dem Wahhabismus, aus dem sie allein die Legitimität ihrer Dynastie begründet. Derweil sind in Saudi-Arabien seit dem zweiten Golfkrieg 1991 US-amerikanische Soldaten stationiert, die die Sicherheit des Landes und seiner Herrscherdynastie gewährleisten sollen. Saudi-Arabien unterstützte die Irak-Kriege der USA, den militärischen Sturz des libyschen Diktators Gaddafi durch eine westliche Staatenallianz sowie den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien, wo es nach wie vor bedeutsamer Waffenlieferant an verschiedene islamistische Milizen ist. Gemäß vorliegender Wikileaks-Dokumente war Saudi-Arabien 2009 nach Ansicht der damaligen US-Außenministerin Hilary Clinton ein Finanzier des islamistischen Terrorismus. Saudi-Arabien bleibe eine finanzielle Unterstützungs-Basis für al-Qaida, die Taliban und andere terroristische Gruppierungen (siehe hier).  Private Spenden aus Saudi-Arabien stellten offenbar in der Vergangenheit die Haupteinnahmequelle im Gründungsprozess des islamischen Staates (ISIS, IS) dar, wobei dieser sich mittlerweile allerdings eigene Einkommenmöglichkeiten erschlossen hat (siehe hier). Ganz aktuell steht Saudi-Arabien an der Spitze eines Militärbündnisses, welches den Jemen bombardiert und mit einer Bodenintervention droht. Das Bündnis schließt einen illustren Kreis arabischer Länder ein, unter ihnen Ägypten, Bahrain, Sudan, die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko. Die USA leisten logistische und geheimdienstliche Unterstützung (siehe hier). 

 

Was ist dies für ein seit Jahrzehnten mit der westlichen Staatengemeinschaft verbündetes islamistisches Land, für welches der US-amerikanische Präsident Barak Obama soeben noch anlässlich des Todes von König Abdullah warme Worte der Freundschaft fand?  Worin begründet sich die Stabilität des Bündnisses zwischen der westlichen Staatengemeinschaft und der Saud-Dynastie? Was sind die Konsequenzen des Bündnisses und welche Beziehungen bestehen zwischen dem saudischen Gottesstaat und dem Terrorismus von al-Qaida und islamischen Staat (IS, ISIS)?

 

Der Artikel versucht, für diese Fragen Antworten zu finden. Als ein Ausgangspunkt sei aus der Zeugenaussage von Ali al-Ahmed zitiert, der als Direktor des Institute for Gulf Affairs durch den Menschenrechtsausschuss des US-Kongresses befragt wurde (übersetzt nach Wikipedia):

 

"Saudi-Arabien ist ein eindeutiges Beispiel für eine religiöse Apartheid. Die religiösen Institutionen von regierungsamtlichen Klerikern bis hin zu Richtern, religiösen Unterrichtsplänen und allen religionsbezogenen Darstellungen in den Medien beziehen sich ausschließlich auf die wahhabitische Islamauslegung, der weniger als 40% der Bevölkerung folgen. Die saudische Regierung übt ein Monopol über alle religiösen Gedanken und Praktiken aus. Der wahhabitische Islam wird allen Saudis unabhängig von ihrer religiösen Orientierung aufgezwungen. Die wahhabitische Sekte toleriert keine anderen religiösen oder ideologischen Überzeugungen, egal ob sie muslimisch sind oder nicht. Religiöse Symbole von (Anm.: nicht-wahhabitischen) Muslimen, Christen, Juden und anderen Gläubigen sind gebannt.

 

Grundlage der saudischen Monarchie ist tatsächlich der Wahhabismus mit seiner Ansicht, dass die Anhänger aller anderen Richtungen des Islams - also die große Mehrheit der Muslime - keine echten Muslime seien. Eine Trennung zwischen wahhabitischem Islam und Staat ist dabei nicht vorgesehen, sondern die staatlichen Institutionen sind dem wahhabitischen Islam untergeordnet und erfüllen die Rolle seines Vollstreckers. Abfall vom Islam, Beleidigung des Islam und Hexerei werden mit dem Tode bestraft, wobei die Enthauptung auf öffentlichen Straßen die vorgezogene Exekutionsform ist. Zusätzlich sind standrechtliche Erschießung und Steinigung als mögliche Exekutionsformen vorgesehen, wobei gelegentlich nach Exekutionen öffentliche Kreuzigungen der Leichname angeordnet werden. Exekutionen gelten in Saudi-Arabien als ein beliebtes Entertainment, zumal abgesehen von Fußball die meisten öffentlichen Vergnügungsveranstaltungen verboten sind (siehe hier). Aktuell berichtet Amnesty International über eine vorher niemals dagewesene Zunahme der Exekutionen in Saudi-Arabien (siehe hier).

 

Diese Praktiken hinderten den US Präsidenten Barak Obama nicht nach dem Tod des langjährigen Königs Abdullah zu dessen Trauerfeier persönlich anzureisen und die Regentschaft von Abdullah ausdrücklich positiv zu würdigen. Die Visionen des König Abdullah hätten sich auf die Bildung seines Volkes und größeres Engagement in der Welt bezogen (siehe hier), äußerte Barak Obama. Übrigens reisten zur Totenfeier auch zahlreiche Republikaner an, unter ihnen Condoleeza Rice, die während der Bush-Administration maßgebliche Mitverantwortung für Rendition, Guantanamo und eine systematische Politik der Folter trug.

 

Das Schicksal des Bloggers Raif Badawi, der wegen angeblicher Beleidigung des Islam, weil er für eine liberale Gesellschaftsordnung eintrat, zu gegebenenfalls einem Todesurteil gleichkommenden 1000 Stockschlägen verurteilt wurde, wurde von Barak Obama während seines Kondolenzbesuches demgegenüber nicht angesprochen.

 

Saudi-Arabien hat derweil kundgetan, über die weltweit geübte Kritik an der Auspeitschung überrascht und bestürzt zu sein (siehe hier). Es verbiete sich jede Einmischung in sein Rechtssystem. Derweil wird durch die saudische Justiz aktuell geprüft, ob Badawi nicht alternativ als Apostat (Abgefallener vom Islam) zum Tode durch Enthauptung verurteilt werden sollte (siehe hier).

 

Strenge Richtlinien gelten in Saudi Arabien für Frauen, die sich vollverschleiern müssen, ohne männlichen Begleiter nicht das Haus verlassen dürfen, für Reisen in das Ausland die Erlaubnis eines männlichen Familienmitgliedes benötigen – im Regelfall die des Ehemannnes -  und denen u.a. Autofahren, Teilnahme an Wahlen, Schwimmen, freie Betätigung in sportlichen Wettbewerben, das Anprobieren von Kleidung vor dem Kauf oder das Betreten eines Friedhofes verboten ist.  Vergewaltigungsopfer müssen in Saudi-Arabien damit rechnen, einer Straftat angeklagt und verurteilt zu werden (siehe hier). So wurde soeben eine Frau, die Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde, zu sechs Monaten Haft und 200 Peitschenhieben verurteilt (siehe hier). Das Opfer habe gegen Gesetze verstoßen, gemäß derer es sich von Männern fernzuhalten habe.

 

Ehebruch und Homosexualität sind in Saudi Arabien illegal und können mit dem Tod bestraft werden.

 

Die Macht liegt im Öl

 

Die Sekte des wahhabitischen Islam und die saudische Herrscherfamilie wären wohl eine Kuriosität von nur lokaler Bedeutsamkeit geblieben, wenn nicht riesige Ölvorkommen in ihrem Staatsgebiet entdeckt und erschlossen worden wären. Aufgrund ihres Ölreichtums wurde die saudische Herrscherfamilie zu einer Familie von Multimilliardären, erlangte international erhebliches strategisch-ökonomisches Gewicht und kann den eigenen Staatsbürgern ein Leben in relativem Wohlstand ermöglichen.

 

Auf der Grundlage der Öleinnahmen bilden dabei Millionen Fremdarbeiter aus der dritten Welt, die unter oftmals prekären Bedingungen und bei weitgehender Rechtelosigkeit in Saudi Arabien beschäftigt sind, die Basis für ein angenehmes Leben der relativ wenigen saudischen Staatsbürger. Gemeinsam mit dem ebenfalls fundamentalistischen Qatar wird Saudi-Arabien von Kritikern als das Königreich der Sklavenarbeit und der Menschenrechtsverletzungen bezeichnet (siehe hier).

 

Gleichzeitig nutzt Saudi Arabien die ihm zur Verfügung stehenden enormen finanziellen Mittel, um weltweit die Ausbreitung des wahhabitischen Islams zu fördern, ein Verhalten, welches die westlichen Bündnispartner sogar auf ihren eigenen Staatsgebieten weitgehend hinnehmen.  Der britische General  Jonathan Shaw wirft Saudi-Arabien und dem ürigens ebenfalls mit der westlichen Staatengemeinschaft verbündeten Qatar vor, durch die Förderungen eines radikalen Islam eine Zeitbombe gezündet zu haben (siehe hier).

 

Die saudi-arabische Herrscherfamilie gibt Milliarden aus, um ihre Version eines radikalen Islams in jede Ecke der Welt zu bringen (siehe hier und hier).

 

Auch in der Sahel-Zone trägt Saudi-Arabien dazu bei, eine intolerante Form des Islam zu verbreiten, die den Sufismus verbannt und zu gewaltsamen Spannungen beiträgt (siehe hier). Ausbildungen in Saudi-Arabien spielen dabei eine wichtige Rolle, wobei die Rückkehrer nachfolgend in ihren Heimatländern eine fundamentalistische Islamauslegung vertreten.

 

Im Ergebnis ist Saudi-Arabien zum geistigen Vater und Hauptsponsor des weltweit agierenden radikalen Islamismus geworden. Möglich macht dies der Ölrreichtum, der die finanziellen Mittel hierfür bereit stellt und außenpolitisch der Garant für eine Duldung dieser Politik durch Verbündete ist, die es sich ökonomisch mit Saudi-Arabien nicht verscherzen und auch einen Seitenwechsel Saudi-Arabiens vermeiden wollen.

 

Islamistischer Radialismus und Terrorismus

 

In Anbetracht des Radikalismus des Wahhabitismus sowie der enormen Geldmengen, die Saudi-Arabien für die weltweite wahhabitische Mission zur Verfügung stellt, wundert es nicht, dass es die wahhabitischen Sekte war, aus der sich auch al-Qaida und der Islamische Staat gründeten. Beide vertreten eine mit der in Saudi Arabien herrschenden Staatsdoktrin übereinstimmende Auffassung des Islams.

 

Die Gegnerschaft zwischen beiden Terrorgruppen und der Saud-Familie liegt nicht in der Ideologie, sondern ausschließlich darin, dass al-Qaida und islamischer Staat die Lehre des Wahhabitismus ernst nehmen. Sie werfen daher - durchaus berechtigt - dem Haus Saud mit seinen bekannten Luxus- und Verschwendungsexzessen bis hin zu immer wieder internationale Aufmerksamkeit erzeugenden Korruptions-, Sex-, Sklaverei- und Mordkandalen (siehe hier und hier) Heuchelei und eine Instrumentalisierung des Islams für egoistische Zwecke vor. Sie gelangten also selbst zu ihrer radikalen Ideologie durch die durch das Haus Saud mit immensen Aufwand international verbreitete wahhabitische Lehre, nahmen dann aber diese Lehre zum Ausgangspunkt, um sich gegen eine Herrscherfamilie zu stellen, die dafür bekannt ist, öffentlich Wasser zu predigen und privat Wein zu trinken. Die Herrscher-Familie bricht tatsächlich alles, was sie als verbindliche Lehre des Islam weltweit verbreiten und im eigenen Land sogar mit Exekutionen, vorwiegend von ausländischen Fremdarbeitern, durchsetzen lässt. Dies und keine Gegnerschaft in der Ideologie hat ihr die Feindschaft von al-Qaida und islamischem Staat zugezogen.

 

Auftreten und Erstarken von al-Qaida und islamischen Staat wären ohne das saudische Engagement zur Ausbreitung des Wahhabitismus kaum möglich gewesen. Aber auch die sowjetische Intervention in Afghanistan und insbesondere die Reaktion der westlichen Staatengemeinschaft auf diese sind für das Erstarken des terroristischen Islamismus mitverantwortlich, der seinen Ausgangspunkt in einem sich festigenden Bündnis zwischen Saudi-Arabien und der westlichen Staatengemeinschaft und der gemeinsamen Unterstützung islamistischer Gotteskrieger nahm:

 

Die Entstehung des Bündnisses

 

Infolge der sowjetischen Intervention in Afghanistan kam es zu einem engen Bündnis des durch das Haus Saud angeführten radikalen Wahhabitismus mit der durch die USA angeführten westlichen Staatengemeinschaft. Es entstand unterstützt durch die Bereitstellung enormer militärischer, logistischer und finanzieller Mittel eine islamistische Internationale, die heute in Form von Al Qaida und Islamischen Staat, aber auch in Form der Boko Haram oder der Al-Shabaab Milizen, in Syrien, Irak, Libyen, Jemen, Mali, Somalia, Nigeria und vielen weiteren Staaten kämpft und durch Attentate auch in westlichen Industriestaaten in Erscheinung tritt. Lokalisierter ist der Fokus der afghanischen Taliban, die aber im Wesentlichen dennoch die ideologische Ausrichtung von Wahhabitismus und al-Qaida teilen, auch wenn sie einem anderen islamischen Rechtssystem anhängen.

 

Zielstellung der islamistischen Internationale ist letztlich die weltweite Expansion des wahhabitischen Islams, die Vernichtung aller anderer Islamauslegungen, insbesondere von Shia und Sufismus, die dauerhafte Unterwerfung von Christen und Juden unter eine islamische Mehrheitsgesellschaft mit besonderen Steuerpflichten, sowie die vollständige Ausrottung aller sogenannten Nicht-Buch-Religionen, wie Hinduismus oder Buddhismus. Dies ist durchaus vergleichbar mit der offiziellen Staatsdoktrin Saudi-Arabiens, gemäß derer sich die Saud-Familie als Vertreterin des Wahhabitismus und Kontrolleurin der heiligen Stätten von Mekka als Zentrum religiöser und damit auch politischer Macht sieht. Allerdings streben die Terroristen den Sturz ihrer Väter an und wollen der Saud-Familie als Hort der Dekadenz die Kontrolle über die Saudi Arabien und die heiligen Stätten entreißen und eine Gleichgerichtetheit von öffentlicher wahhabitischer Botschaft und Lebenspraxis erzwingen. Dies -  und nicht die gemeinsame wahhabitische Lehre - begründet die derzeitige Gegnerschaft zwischen der saudiarabischen Herrscherfamilie und ihren Ziehkindern aus al-Qaida und islamischem Staat. 

 

Im Kampf gegen die Sowjetunion war die Propagierung des heiligen Krieges im Namen einer radikalen Islamauslegung aber auch für die westlichen Staaten eine offenbar für akzeptabel erachtete Strategie, deren Umsetzung im engen – und bis heute fortdauernden – Bündnis mit Saudi-Arabien mit finanziellen, militärischen und geheimdienstlichen Mitteln unterstützt und ermöglicht wurde. Dies betraf damals auch eine Finanzierung von Bin-Laden und seiner Gruppe in Afghanistan während des kalten Krieges (siehe hier). Wenn der wahhabitische Radikalismus Saudi Arabiens der alleinige geistige Vater von al-Qaida und dem islamischen Staat ist, so haben sich Saudi Arabien und die westlichen Staaten die Rolle des Sponsoren und Ermöglichers insofern durchaus geteilt.

 

Die aktuelle kriegerische Eskalation im Jemen - auf die später eingegangen werden wird - zeigt, dass sich an dem Bündnis zwischen den USA und Saudi-Arabien nach wie vor nichts wesentliches geändert hat, wobei in diesem Fall Saudi Arabien öffentlich sichtbar voran marschiert, die USA aber nach eigenen Angaben logistische und geheimdienstliche Unterstützung im Hintergrund leisten.

 

Intensivierung des Bündnisses

 

Die Förderung, die der radikale Islamismus im Kampf gegen die Sowjetunion durch Saudi Arabien und die westliche Staatengemeinschaft erhielt, brachte seine Saat zum Sprießen, genügt aber dennoch nicht als Erklärung für das Ausmaß seiner seitherigen Expansion.

 

Jahre später infolge der Invasion des Irak in Kuweit, die Saddam Hussein nach den vorliegenden Informationen wahrscheinlich erst begann, nachdem ihm die damalige US-Botschafterin im Irak April Glaspie eine Neutralität der USA in Aussicht stellte (siehe hier) – die Botschafterin äußerte ihre Bewunderung für Errungenschaften des Irak unter Saddam Hussein und gab an, dass die USA keine Meinung zum Grenzkonflikt mit Kuweit habe -  überzeugten die USA die damalige Regierung in Saudi-Arabien einer Stationierung US-amerikanischer Truppen zuzustimmen. Seitens der US-Regierung sollte dieser Schritt der Absicherung des Bündnisses mit Saudi Arabien und der dadurch dauerhaften Gewährleistung des Zugriffs auf dessen enorme Ölressourcen dienen. Eine Ölkrise sollte es nie mehr geben. Die saudische Herrschaftsfamilie wiederum erhoffte sich vermutlich so die Sicherung ihrer demokratisch nicht legitimierten Herrschaft vor äußeren Bedrohungen. Das feste und nunmehr auch durch die Präsenz US-amerikanischer Soldaten im eigenen Land direkt sichtbare Bündnis mit den USA diente dem Herrscherhaus zur Abschreckung  seiner Feinde und zur Gewissheit der eigenen Macht. Allerdings wurde die Präsenz US-amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien, die weithin in der muslimischen Welt abgelehnt wurde, zu einem wichtigen Rekrutierungs- und Radikalisierungsinstrument von al-Qaida (siehe hier), wodurch letztlich die USA und Saudi-Arabien umso mehr aneinander gekettet wurden.

 

Grundsätzlich sind die vermutlichen Überlegungen beider Seiten dennoch aufgegangen. Die USA haben eine feste Position innerhalb Saudi Arabiens eingenommen und der Zugriff auf das Öl steht außer Frage. Gleichzeitig enthalten sich die USA jeder ernsthaften Kritik an den schweren Menschenrechtsverletzungen Saudi Arabien, haben auch die blutige Niederschlagung von Aufständen gegen apartheitsartige Strukturen und Unterdrückung hingenommen und die Stabilität der Herrschaftsverhältnisse in Saudi Arabien wird als eigenes US-amerikanisches Interesse gewertet. Die Herrschaft der Saud-Familie ist ungebrochen und wird auch durch Lieferungen modernster Waffentechnologie aus den USA und anderen westlichen Staaten, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland,  gestützt. Derweil wird im Land jeder Widerstand im Keim erstickt. Die saudische Regierung kann ihre Souveränität innenpolitisch auch dadurch demonstrieren, dass sie als enger Bündnisgenosse von USA und westlicher Staatengemeinschaft Blogger, die für eine liberale Gesellschaft eintreten, mit potentiell tödlichen Stockschlägen bestraft, christliche Symbole und Symbole anderer Religionen verbieten lässt, Frauen weitreichenden Beschränkungen auferlegt, sowie Homosexuelle, Konvertiten und Gotteslästerer exekutieren lässt.

 

Saudische Mission

 

Außenpolitisch wird der saudischen Herrscherfamilie durch ihre westlichen Bündnispartner zudem weiterhin zugestanden, weltweit mit hohem missionarischem Einsatz ihre radikalistische wahhabitische Islamauslegung  zu verbreiten. Zwar ergehen zur gleichen Zeit in den westlichen Staatengemeinschaften immer wieder von Vertretern aus Gesellschaft und Politik Aufforderungen an die muslimischen Gemeinschaften, sich von Terrorismus und Fundamentalismus zu distanzieren, die fortwährende Destabilisierung des moderaten Mehrheitsislams durch den engen Bündnisgenossen Saudi-Arabien - dessen Prediger weltweit Moscheen unterwandern  - wird aber sogar auf eigenem Staatsgebiet toleriert. Dies wiederum fördert fremdenfeindliche und dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnende Bewegungen, wie die Pegida (sieh hier und hier), die durch Verweis auf einzelne Hassprediger und die islamistische Gewalt, der in Wirklichkeit mehrheitlich Muslime zum Opfer fallen, Angst vor dem Islam im Allgemeinen verbreiten und für eine noch weiter verstärkte Abschottung der westlichen Staaten gegenüber den auch durch die westlichen Staaten mitverursachten Fluchtbewegungen plädieren. Terroristische Gewalttaten, wie die Attentate in Paris (siehe hier), werden für die Verbreitung von Islamphobie, Islamhass und Fremdenfeindlichkeit instrumentalisiert.

 

In Wirklichkeit gibt es keine Islamisierung Westeuropas, sondern es gibt einen bisher glücklicherweise weitgehend erfolglosen Versuch einer kleinen Minderheit radikaler Islamisten, die mehrheitlich sich zu Pluralität und Toleranz bekennenden Muslime auseinanderzudividieren, diese in Gegnerschaft zu anderen Religionen zu bringen und einen harten Kern Radikaler zu schaffen und zu vereinen, aus dem islamistische Gewalttäter rekrutiert werden können. Die von Saudi-Arabien ausgehenden und von den westlichen Regierungen als Preis des Bündnisses mit der Saud-Dynastie tolerierten weltweiten Missions- und Unterwanderungsbemühungen haben sicherlich nicht zum Ziel, solche Terroristen zu schaffen – dies wäre eine Verschwörungstheorie. Sie verbreiten aber das Konzept eines intoleranten Islams, der die Integration von Muslimen in den westlichen Ländern gefährdet, Vorbehalte und Diskriminierungsprozesse fördert und Gefahr läuft, einen Pool radikaler Islamisten zu schaffen, die in dem Moment, wo sie beginnen, ihre Ideologie wirklich ernst zu nehmen, für einen wahhabitisch orientierten Terrorismus gewonnen werden können.

 

Einige Tausend Menschen sind diesen Weg in Westeuropa bereits gegangen und kämpfen jetzt als Vertreter von islamischen Staat oder al-Qaida in Syrien, Irak, Libyen und Jemen.  Es sind fehlgeleitete Menschen, die nicht nur das Leben anderer, sondern auch ihr eigenes Leben vernichten. Ihnen sollte mit rehabilitativen Bemühungen begegnet werden, zumal es ihre eigenen Regierungen sind, die bis jetzt an einem Bündnis mit einer radikalen Herrscher-Dynastie festhalten, die die Ideologie eines intoleranten und gewalttätigen Islams tagtäglich verbreitet. Die westlichen Rekruten von islamischem Staat und Al Qaida sind insofern nicht nur Täter, sondern ebenso Opfer eines machtstrategischen Bündnisses ihrer Heimatländer mit einem radikal islamistischen Staat, der keinen Aufwand scheut, seine menschenverachtende Ideologie weltweit zu propagieren. Dass Menschen hierdurch zu Terroristen werden - und sich so übrigens auch gegen das Haus Saud stellen – ist nicht Absicht, aber Nebenfolge.

 

Erosion der Menschenrechte unter der Bush-Administration fördert Terrorismus

 

Einstmals wollte die RAF durch terroristische Gewalt der bundesrepublikanischen Gesellschaft die Maske herunterreißen. Die RAF glaubte, der Staat werde auf ihre Gewalt mit einem Ausmaß  an Repression regieren, welches ihm die Haut von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit abreißen werde. Hiergegen werde sich eine breite Masse der Bevölkerung erheben. Die Rechnung war jedoch ohne den Wirt gemacht. Zwar gab es Grundrechtsverstöße, aber insgesamt fiel die staatliche Reaktion moderat aus und die Terroristen blieben isoliert. 

 

Demgegenüber begann der eigentliche Siegeszug des islamistischen Terrorismus erst nach dem 11. September und er wurde durch den Krieg der US-Regierung gegen den Terror nicht geschwächt, sondern gefördert. Denn was der RAF misslang, schaffte al-Qaida, indem sie die US-Regierung und viele der mit ihr kooperierenden westlichen Staaten dazu brachte, dem Terror nur Terror entgegenzusetzen und jedes rechtsstaatliche Augenmaß zu verlieren. Obwohl alle Attentäter aus Saudi-Arabien stammten und obwohl sie ausnahmslos alle eine wahhabitische Radikalisierung durchlaufen waren, überdachten die USA ihren Kurs gegenüber Saudi-Arabien nicht. Sie verkannten, dass die Gegnerschaft von al-Qaida zur saudischen Herrscherfamilie sich gerade aus dem wahhabitischen Bekenntnis der al-Qaida speiste und verpassten es daher, auf  eine Einstellung der durch die Saud-Dynastie finanzierten weltweiten wahhabitischen Mission zu drängen. Sie schlossen die Reihen mit dem Bündnispartner in Anbetracht des scheinbar gemeinsamen Gegners umso enger, ohne aber zu erkennen oder erkennen zu wollen, dass die Mission des Bündnispartners nach wie vor in der Verbreitung eines intoleranten und menschenverachtenden Islam bestand und dass diese Verbreitung nach wie vor einen bedeutsamen Nährboden für den Terrorismus darstellte.

 

In den folgenden Jahren veranstaltete die Bush-Cheney-Administration einen wahrhaften Amoklauf gegen die Menschenrechte (siehe hier und hier). Dieser Amoklauf schloss die Einführung schwerster Folterpraktiken, einschließlich sexueller Gewalt, Einsargung, Verfaulenlassen von Körperteilen bei lebendigem Leib, Fast-Ertrinkenlassen, Hitze- und Kältefolter, Geiselnahmen von Familienangehörigen, ein internationales Verschleppungsprogrammes unter Rückgriff auf Folterkooperationen mit Syrien, Libyen und Marokko,  die Einrichtung von Guantanamo (Amnesty International: Gulag unserer Zeit), sowie die Ablenkung von der Bekämpfung der tatsächlichen Verursacher des 11. September durch einen Krieg gegen den Al Qaida feindlich gegenüber stehenden Irak mit ca. 500000 Toten als Folge ein. Für all dies konnte sich die Bush-Cheney-Administration der uneingeschränkten Unterstützung durch Saudi Arabien gewiss sein, welches sich dafür dankbar zeigte, dass die USA weiterhin seine Sicherheit garantierten, ohne auch nur die geringsten Forderungen im Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechten oder die Beendigung einer Menschen zu Terroristen radikalisierenden Mission zu stellen.

 

In den Augen kritisch denkender Menschen in der muslimischen und nicht-muslimischen Welt verlor die USA jedoch mit ihrer systematischen Politik der Menschenrechtsverletzungen ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Anstatt die Al Qaida Propaganda zu widerlegen, schickten sich die USA an, zu bestätigen, dass sie einen Krieg gegen die sich nicht auf der Linie Saudi Arabiens befindliche muslimische Welt führe und dass sie dabei zu jedem Verstoß gegen Menschenrechte bereit sei. Mit den Terroristen begab sie sich dadurch auf eine Ebene, verlor entsprechend weltweit an Anziehungskraft, trug zur weiteren Radikalisierung ihrer Gegner bei und startete durch den Krieg gegen den Irak eine großflächigen Destabilisierung der arabischen Welt, die dem Wachstum des islamistischen Terrorismus im wahrsten Sinne des Wortes den Weg frei bombte. Begleitet wurde dies durch Bilder misshandelter, gefolterter und gedemütigter arabischer Männer, die das Image der USA sicher nicht verbesserten, wobei eine Reihe der so Gefolterten erst im Anschluss zu zu allem bereiten Terroristen wurden und sich heute bei Al Qaida und beim islamischen Staat wiederfinden.

 

Obama setzt die Bush-Politik fort

 

Der verhängnisvolle Weg der Bush-Cheney-Administration wurde durch Barak Obama nicht verlassen, sondern fortgesetzt und teilweise sogar verschärft:

 

Obama brach seine Wahlversprechen zur Schließung von Guantanamo und zur Beendigung der Folter. Medizinisches Personal in Guantanamo fährt noch heute routinemäßig mit einer schmerzhaften Zwangsernährung hoffnungsloser Inhaftierter fort, von denen viele zu keinem Zeitpunkt etwas mit Terrorismus zu tun hatten, sondern lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort waren, teilweise von Häschern an die Amerikaner als scheinbare Terroristen verkauft wurden. Derweil kämpft die Obama-Administration weiterhin vor Gericht gegen die Veröffentlichung des Video-Materials, dessen Ansicht der Öffentlichkeit unmittelbar bewusst machen würde, dass es sich hier um Folter handelt (siehe hier). Von einer Wiederherstellung des menschenrechtsbezogenen Ansehens der USA durch Barak Obama kann sicher keine Rede sein. 

 

Zudem eskalierte Barak Obama den Einsatz von Drohnen für extralegale Hinrichtungen (siehe hier), die seither nicht nur in Pakistan, Jemen und Somalia für Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung sorgen. Tausende Zivilisten wurden bisher unschuldig von solchen Drohnen getroffen, die die Bevölkerung der durch sie häufig attackierten Landesteile oft vorher länger beobachten und hören können, ohne zu wissen, ob und wann sie zuschlagen und ob vieleicht sie selbst die nächsten Opfer sein werden. Die Unwirksamkeit dieses Drohnenkriegs bei der Bekämpfung des Terrorismus lässt sich in Pakistan, Somalia und im Jemen bestens beobachten. Was die Drohnen aber erreicht haben, ist das Bild eines skrupellos mordenden Amerikas in weiten Teilen der Welt zu verankern und den islamistischen Terrorgruppen dort neue Rekruten zuzutreiben, unter ihnen Menschen, deren Familienangehörige, Frauen und Kinder Opfer von Drohnentötungen wurden.

 

Arabischer Frühling wird in Libyen in ein Blutbad verwandelt

 

Mit der maßgeblichen Beteiligung am Bombenkrieg gegen Libyen und den Lobesgesängen seiner Administration auf den gewaltsamen Sturz des libyschen Diktators Gaddafi, der in einem Foltermord zu Tode kam, hat Barak Obama tatkräftig mitgeholfen, die Hoffnung des arabischen Frühlings als einer friedfertigen Demokratiebewegung im Blut zu ersticken. Die libysche Gesellschaft ist seither vollständig zerstört, eine bedrückende Menschenrechtslage wurde in eine Menschenrechtskatastrophe verwandelt, Waffen aus Libyen gelangen in Terroristenhände in aller Welt und in Libyen selbst agieren verschiedene islamistische Milizen bis hin zum islamischen Staat, der in Derna und Sirte mittlerweile weitgehend die Macht übernommen hat. Dabei praktiziert der islamische Staat nun auch in Libyen – vergleichbar mit Saudi Arabien – Enthauptungen als präferierte Exekutionsmethode (siehe zu Libyen vorherige Artikel auf Menschenrechte.eu: hier, hier und hier)

 

Förderung des gewalttätigen Islamismus in Syrien

 

Nach dem Fall Gaddafis setzte die Obama-Administration, diesmal erneut mit Saudi-Arabien als engem Verbündeten, die Politik des gewaltsamen Regimewandels in Syrien fort mit katastrophalen Konsequenzen (siehe hier). Das National Coordination Committee for Democratic Change (NCC, siehe hier) als Teil der Assad-Opposition, die konsequent gegen jeden militärischen Weg eintrat, wurde kaltgestellt und es wurde mit tatkräftiger Unterstützung Saudi Arabiens und anderer Öl-Scheichtümer eine syrische Exilregierung aus der Taufe gehoben, die in der Türkei einquartiert wurde und von dort aus zum bewaffneten Kampf aufruft. Sofort begannen Saudi Arabien und andere Öl-Scheichtümer mit Wissen, Billigung und Unterstützung der USA über die Türkei Waffen an islamistische Rebellengruppen zu liefern. Die direkte Belieferung von al-Qaida nahen Kräften durch die Türkei kann mittlerweile ebenfalls als belegt, mindestens hochwahrscheinlich gelten (siehe hier).

 

Das Gerede von den moderaten Rebellen diente dazu, die Sachlage zu verdecken, dass eine Trennung zwischen moderaten und islamistischen Rebellen in Syrien zu keinem Zeitpunkt möglich war, dass vielmehr zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen ein hohes Ausmaß an Fluktuation, Austausch und Zusammenarbeit bestand, aber auch bei Konflikten untereinander Waffen von der unterlegenen Seite zur überlegenen Seite fließen würden. Die al-Nusra Front als Vertreterin der al-Qaidaa in Syrien etablierte sich mit hoher Geschwindigkeit und Effizienz als eine der kämpfstärksten Rebellen gegen das Assad-Regime, wobei immer mehr Kämpfer der durch die USA und den Westen unterstützten und finanzierten Free Syrian Army zur al-Nusra Front überliefen (siehe hier). Die Free Syrian Army bildete später als Reaktion auf die Gründung der Islamic Front die Syria Revolutionaries Front (siehe hier) unter ihrem Führer Jamal Maarouf, der als die große Hoffnung des Westens in Syrien galt. In einem im Februar 2014 veröffentlichten Interview mit dem Independent bekannte sich dieser Jamal Maarouf dann jedoch offiziell zur Zusammenarbeit mit al Qaida und ließ erklären, dass al-Qaida nicht sein Problem sei (siehe hier). Aktuell befindet sich al-Qaida in Syrien erneut in der Offensive und es gelingt der al Nusra Front zunehmend, Geländegewinne zu erzielen. Soeben haben Rebellen der al Nusra Front den letzten syrischen Grenzposten zu Jordanien eingenommen (siehe hier), wo al-Qaida nunmehr direkt vor der Tür steht. Weitere Rebellen in Nordsyrien haben sich vor wenigen Wochen der al Nusra Front angeschlossen und haben gemeinsam mit dieser die nordwestliche Stadt Ildib erobert (siehe hier). Während die al-Qaida in Syrien auf die öffentliche Inszenierung von Massenhinrichtungen und Folter im Gegensatz zur ISIS, mit der sie konkurriert, teilweise aber auch kooperiert, verzichtet, gehören Exekutionen und die Auferlegung einer extrem restriktiv ausgelegten Scharia ebenfalls zu ihrem Standardrepertoire und werden in durch die al Nusra eroberten Gebieten rücksichtslos durchgesetzt. Die al Nusra Front profitiert dabei von den durch die westlichen Staaten und Saudi-Arabien gelieferten Waffen, zu denen sie im syrischen Bürgerkrieg einfachen Zugang findet. Mit den direkt durch den Westen unterstützen Rebellen zeigt sie nach wie vor ein wechselhaftes Verhältnis, welches von direkter Kooperation über Duldung bis hin zu militärischen Auseinandersetzungen reicht.

 

Saudi Arabien strebt den Sturz des Assad-Regimes um jeden Preis. Die USA und die westliche Staatengemeinschaft haben sich allein auf das gemeinsame Ziel des Sturzes Assad konzentriert und haben dabei einen Aufschwung radikalster Islamisten in Kauf genommen und diesen im Übrigens auch durch eigene militärische Lieferungen direkt befördert. Im Internet kann nachvollzogen werden wie dschihadistische Rebellen in Syrien Waffen aus Kroatien einsetzen, die sicherlich nicht ohne Wissen der US Regierung von Saudi Arabien erworben und an Rebellen in Syrien weitergeleitet wurden (siehe hier und hier)

 

Im Dunstschatten des bewaffneten Kampfes gegen Assad entstand in Syrien und im Irak der islamische Staat, der seither ein Drittel beider Länder besetzt hält. Die durch ihn verübten Gewalttaten sind unbeschreiblich, werden jedoch von seinen Gegnern imitiert, wie die →Plünderung und Niederbrennung der soeben vom IS zurück eroberten Stadt Tigris im Irak allzu deutlich machen. Ebenso deutlich wird, dass das weltweit auf die Überwachung der gesamten menschlichen Internet- und Telefonkommunikation ausgelegte Überwachungsprogram von NSA & Co in keiner Weise ein Hindernis für die Entstehung und Ausbreitung des medial hochgradig aktiven islamischen Staates darstellte, sondern lediglich das Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit und Demokratie untergräbt und damit der westlichen Staatengemeinschaft im Kampf mit dem islamistischen Terrorismus mehr schaden als nutzen dürfe.  Die ISIS hat insofern die Überwachungsideologie von NSA & Co überzeugend widerlegt (siehe hier).

 

Als Folge der eskalierenden Politik der westlichen Staatengemeinschaft, Saudi Arabiens, der anderen Öl-Scheichtümer und der Türkei gegenüber Syrien sind Hunderttausende Menschen zu Tode gekommen, ein Mehrfaches dürfte die Anzahl der Verletzten betragen, Millionen sind auf der Flucht und weltweit ist eine Erosion der Menschenrechte zu verzeichnen. Während aber die westlichen Staaten und übrigens auch Saudi Arabien eine Aufnahme syrischer Flüchtlinge verweigern – die USA sind stolz darauf, insgesamt 524 seit 2011 Syrer aufgenommen zu haben, der Libanon nahm bisher bei einer Gesamtbevölkerung von vier Millionen 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien auf  – setzen Saudi-Arabien und auch die westliche Staatengemeinschaft weiter auf einen Sturz Assads, anstatt die Fehler zu korrigieren und alle Kräfte für eine Kompromisslösung zu mobilisieren, die sicherlich nicht in der Selbstaufgabe von Assad und seinem Regime bestehen wird. Nur minimal deutete die Obama Administration vor kurzem einen gewissen Kurswechsel an (siehe hier), den sie aber, falls sie ihn wirklich intendiert, bisher nicht umsetzt, möglicherweise auch, um ihr Bündnis mit den Öl-Scheichtümern nicht zu belasten, die bereits klargemacht haben, dass für sie jeder Kompromiss mit dem Assad-Regime, auch wenn er Menschenleben retten kann, ein Verrat ist.  Entsprechend wirft Saudi Arabien auch der Weltgemeinschaft vor, durch mangelnde Waffenlieferungen die Rebellen in Syrien verraten zu haben (siehe hier)  Dies ist die fundamentalistische Position, von der es den mit Saudi Arabien verbündeten westlichen Staaten trotz ihres tödlichen Charakters nach wie vor nicht gelingt, abzukommen.

 

Dass das Assad Regime selbst schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen hat, steht außer Frage, aber die Einmischung der westlichen Staaten, Saudi-Arabiens und der Türkei hat nicht Wasser, sondern Öl in ein brennendes Feuer gegossen,  was erst dadurch zum Inferno wurde. Das Inferno des islamischen Staates wird derzeit durch massive Militäreinsätze in Syrien und Irak zurück gedrängt, dabei allerdings offenbar durch ebenso schwere Menschenrechtsverletzungen ersetzt. In Libyen und anderen Staaten Nordafrikas hat das IS-Inferno demgegenüber erst begonnen, sich auszubreiten. Aber auch die unzähligen Toten in Nigeria durch den Krieg der Boko Haram und die durch die Al-Shabaab Milizen in Kenia Ermordeten sind Indikatoren einer gescheiterten Politik. Soviel ist sicher: Das Bündnis zwischen dem radial islamistischen Saudi Arabien und der westlichen Staatengemeinschaft hat keine guten Früchte getragen.

 

Jetzt Krieg im Jemen: Wieder geht es um Öl, aber al-Qaida und ISIS droht, freie Bahn gebombt zu werden

 

Aber schon hat ein weiterer Akt des Bündnisses zwischen den USA und Saudi-Arabien im Jemen begonnen. Offiziell wird einer Bitte des eigentlich zurück getretenen, aber nunmehr wiederum die Präsidentschaft beanspruchenden Abd Rabbuh Mansur al-Hadi entsprochen, ihn gegen Milizen der Huthi zu unterstützen und seine ordnungsgemäße Präsidentschaft wieder herzustellen. Gewählt wurde dieser Präsident allerdings 2012 mit 98,8 % der Stimmen und ohne Gegenkandidat, wobei die Wahlvereinbarung unter maßgeblicher Beteiligung von Saudi-Arabien und den USA geschlossen wurde. Im Vergleich erhielt der syrische Machthaber Assad bei der letzten Wahl 2014 lediglich 88,7 % der Stimmen. Seine Gegenkandidaten erhielten jeweils 4,3 % und 3,2 % der Stimmen nicht unberechtigt wurden diese Wahlen von Kritikern, einschließlich den USA, als Farce bezeichnet (siehe hier).

 

Bei den Wahlen im Jemen gab es nur einen Kandidaten und es gab auch nur die Möglichkeit, mit Ja zu stimmen, eine mögliche Nein-Stimme war auf den Wahlzetteln nicht vorgesehen. Diese Wahlen kommentierte der Obama-Berater John Brennan folgendermaßen: „"Yemen has proved ability to move from the past to the present via ballot boxes“ (siehe hier). 

 

Im Bündnis mit der absoluten Monarchie Saudi Arabien, in der es keine Gewaltenteilung gibt und der König sogar über den eigenen Gesetzen steht,  vertreten die USA also für den Jemen gänzlich andere Maßstäbe der Glaubhaftigkeit von Wahlergebnissen als sie diese bei Staaten anlegen, mit denen sie keine freundschaftlichen Beziehungen pflegen. Dass solche Wahlfarcen eben nicht zu einer Lösung gesellschaftlicher Spannungen und Gegensätze führen, zeigt der aktuelle Verlauf im Jemen, durch den die US-Regierung, nimmt man die Verlautbarungen von John Brennan ernst, offenbar komplett überrascht wurde.

 

Mit ihrem Drohnenkrieg sind die USA im Jemen seit Jahren aktiv. Obwohl die Drohnen unzählige al-Qaida Mitglieder ebenso wie unzählige Zivilisten zu Tode brachten, wurde Al Qaida dadurch nicht geschwächt, sondern erfreut sich im Gegenteil in den Gebieten des Südens, in dem sie aktiv ist, durchaus einer gewissen Unterstützung einer breiteren Bevölkerungsmasse, gerade auch wegen der Drohnenangriffe. Empörung löste unter anderem die Auslöschung eines Hochzeitsconvois aus. Abdallah Mabkhut al-Ameri, seine Frau und 60 Freunde und Familienangehörige befanden sich außerhalb der Stadt Rada’a in dem Convoi als sie durch vier Raketen getroffen wurden, wodurch mehr als 10 Menschen zu Tode kamen und 24 verletzt wurden. Dies ist nur ein Einzelereignis, wobei die USA bis heute die Verantwortung öffentlich nicht eingestehen wollen, auch wenn inoffiziell gemäß Newsweek Bericht der Vorfall eingeräumt wird (siehe hier). In einem erschütternden Artikel berichtet der Guardian über einen 13-jährigen Jungen, der angab, von Drohnen zu träumen, bevor er tatsächlich von einer Drone zu Tode gebracht wurde. Auch zu diesem Todesfall verweigern die USA jede Stellungnahme (siehe hier). Über die extremen Belastungen und dem Terror, denen die Menschen in den Gebieten, in denen die USA Drohnen einsetzen, ausgesetzt sind, berichtet regelmäßig die Internetseite →livingunderdronges.org.

 

Jahrelang waren die USA und Saudi Arabien verbündet mit dem diktatorisch regierenden Präsidenten Ali Abdullah Salih, einem Zaiditen, der die Drohnenangriffe duldete, aber schließlich durch einen Volksaufstand gestürzt wurde.  Der Nachfolger wurde maßgeblich durch saudi-arabische Einmischung und mit Unterstützung der USA bestimmt und etabliert, wobei Pseudowahlen mit einem vorherbestimmten Ergebnis zur Legitimation des neuen Präsidenten, eines Sunniten, organisiert wurden. Unter Vermittlung durch Saudi Arabien verständigten sich dabei die Joint Meeting Parties der Opposition und der regierende General People's Congress auf Abd Rabbuh Mansur al-Hadi als gemeinsamen Kandidaten, während die aus dem Norden stammenden Huthie die Wahlen boykottierten. Im Ergebnis wurde  al-Hadi  dann mit den angeblich 99,80% der Stimmen gewählt.

 

Der Konflikt mit den Huthi besteht seit Langem, wobei es der vorherige wie auch der aktuelle Präsident verpassten, zu einer Kompromisslösung zu gelangen. Die Huthie traten dabei ursprünglich als eine Bewegung auf, die für religiöse Toleranz, Frieden und einen maßvollen Islam plädierten und sich damit sowohl von dem sunnitischen wahhabitischen Extremismus und al Qaida als auch vom schiitischen Extremismus abgrenzten. Aufgrund jahrelang erlebter Marginalisierung und Unterdrückung kam es in der Folgezeit zu einer deutlichen Radikalisierung. Die Auseinandersetzung trägt in Teilen Charakteristika eines Religionskrieges, da die Huthi Zaiditen (Seiditen) sind und sich somit zu einer besonderen Form des schiitischen Islam bekennen. Diese Form der Shia entstand im 8. Jahrhundert und geht auf Zaid Ben Ali, einem Urenkel Husayn bin Alī  zurück, der der Enkel von Mohammed und der dritte schiitische Iman war. Er verweigerte dem Kalifen Yazid I die Gefolgschaft und wurde zur Strafe enthauptet. Durch einen Nachkommen von Zaid Ben Ali wurde 859 die Herrscherdynastie des Jemen begründet, die bis zum Bürgerkrieg 1962–1970 intakt blieb.

 

Aufgrund der Zugehörigkeit der Huthi zum schiitischen Islam wird von Saudi Arabien der Vormarsch der Huthi als iranische Aggression gedeutet, wobei es jedoch keine belastbaren Belege hierfür gibt. Auch wenn der Iran das saudi-arabische Vorgehen verurteilt, stehen sich die Zaiditen und die Schiiten im Iran theologisch nicht nahe. Die Zaiditen erkennen die religiösen Autoritäten des schiitischen Islam im Iran nicht an. Sie entwickelten eine von der restlichen Shia stark divergierende Konzeption von Führerschaft, wobei sie die Imane vorwiegend unter den Verwandten Alis suchten, die Unfehlbarkeit der Imane nach Husayn ablehnten und zeitweilig mehrere Imane gleichzeitig anerkannten.  Die Zaiditen weisen sie in vielen Aspekten eine größere Nähe zu den Sunniten als zu den anderen Schiiten auf, einschließlich der Anerkennung des ersten sunnitischen Kalifen. Sie vertreten die moderateste Form des schiitischen Islams und stehen in starkem Widerspruch zum Radikalismus des saudischen Wahhabismus steht. Innerhalb Saudi-Arabien wurden die Zaiditen Opfer staatlicher Verfolgung und müssen ihren Glauben verbergen. Zaiditische Moscheen gibt es in Saudi-Arabien nicht mehr (siehe auch hier).  

 

Die Huthie werden vorwiegend von den ca. 40% Schiiten des Jemen unterstützt, wobei sie mittlerweile auch ein Bündnis mit ihrem vorherigen Gegner, dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Salih, seinen Gefolgsleute und großer Teile der jemenitischen Armee geschlossen haben (siehe hier)

 

Unversöhnlich gegenüber stehen sich die Huthi demgegenüber mit der al-Qaida des Jemen und auch mit dem islamischen Staat (ISIS). Die al Qaida des Jemen wird von der USA als gefährlichste al-Qaida Organisation weltweit gewertet und ein Großteil der Gefangenen in Guantanamo stammt entsprechend aus dem Jemen. Während al-Qaida im Jemen eine recht starke Verankerung hat, hat vor kurzem erstmals der islamische Staat in Jemen von sich durch ein Massaker gegen schiitische Moscheebesucher mit 137 Todesopfern Reden gemacht und damit seinen Herrschaftsanspruch auch im Jemen erklärt (siehe hier). 

 

Mittlerweile haben auch die Luftangriffe Saudi Arabiens zu einer großen Anzahl an Opfern unter der Zivilbevölkerung geführt (siehe hier). 

 

Es stellt sich die Frage, worum es im Jemen eigentlich geht und warum die USA sich in diesen Konflikt auf Seiten Saudi-Arabiens einmischen? Gekämpft wird dabei gegen Anhänger einer eigentlich moderaten Form des schiitischen Islam, von denen soeben eine große Anzahl Opfer eines Massakers des islamischen Staates wurde. Es droht eine große Anzahl an getöteten Zivilisten, eine weitere Eskalation der Gewalt wie auch letztlich eine Stärkung von al-Qaida und ISIS, deren Gegner durch die durch die USA unterstütze saudische Militärkoalition bombardiert werden.

 

Bereits jetzt werden diese Befürchtungen Wirklichkeit:

 

Soeben hat Al Qaida die Stadt Mukalla im Süden eingenommen (siehe hier). Der al-Qaida Führer Khaled Batarfi wurde zusammen mit 270 Gefangenen durch sunnitische Islamisten aus dem Gefängnis befreit (siehe hier).

 

Je stärker Schiiten und Sunniten im Jemen auseinandergetrieben werden und desto mehr gleichzeitig die Verärgerung über zivile Opfer der durch die USA unterstützten saudischen Luftangriffe ansteigt, desto eher dürften weitere Bündnisse sunnitischer Stämme mit Al Qaida entstehen. Absehbar ist aber auch die Gefahr eines Bündnisses zwischen ISIS und al-Qaida, wodurch deren Schlagkraft um ein Mehrfaches gesteigert werden könnte.   

 

Dass es in dieser militärischen Auseinandersetzung um Menschenrechte gehen könnte, ist mehr als zweifelhaft. Hiergegen sprechen zahlreiche Sachverhalte. So geht es Saudi Arabien und seinen Unterstützern letztlich um die Wiedereinsetzung eines mit 99,80% der Stimmen ohne Gegenkandidaten gewählten Präsidenten.

 

Gleichzeitig gehört Saudi Arabien als Hauptakteur der Luftangriffe und des Bündnisses zu den Staaten, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen. In seinem Herrschaftsgebiet setzt es eine fundamentalistische Islamauffassung als einzig wahre Religion durch.

 

Dieser Hauptakteur wird unterstützt wird durch den ägyptischen Machthaber Abd al-Fattah as-Sisi, der laut Human Rights Watch ein ägyptisches Tiananmen-Massaker an Demonstranten verüben ließ, in dessen Verlauf mehr als 1000 Menschen am Rabha-Platz durch Polizeikräfte erschossen wurden, HRW spricht von abschlachten (siehe hier). Der gleiche Abd al-Fattah as-Sisi, der ebenfalls ein enger Verbündeter der USA und der westlichen Staatengemeinschaft ist, lässt nach wie vor Journalisten inhaftieren und vor Gericht stellen, während seine Gerichtsbarkeit Todesurteile am Fließband fällt. Amnesty International stellt die Diagnose weitverbreiteter Folter und willkürlicher Inhaftierungen, die eine katastrophale Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Ägypten seit dem Sturz von Morsi signalisierten (siehe hier). Aktuell beklagt Amnesty International von einer eskalierenden Gewalt in ägyptischen Gefängnissen (siehe hier). Die Welt solle sich nicht durch das Bekenntnis Ägyptens zu den Menschenrechten vor der UN täuschen lassen (siehe hier). Bahrain gehört ebenfalls zur saudisch geführten Militärkoalition im Jemen.

 

Bahrain ist eine sunnitische Monarchie, die eine Gewaltherrschaft über die mehrheitlich schiitische Bevölkerung ausübt und auf Truppen Saudi Arabiens zur blutigen Niederschlagung friedlicher Proteste zurückgegriffen hat. Auf den Seiten des Bahrain Center for Human Rights (siehe hier) finden sich erschütternde Dokumentationen über politische Verfolgung, willkürliche Inhaftierungen, die Ausschaltung jeder Opposition und Folter im Königreich Bahrain. Bisher ohne jede Wirkung fordert Amnesty International Bahrain auf, die Menschenrechte von Gefangenen zu respektieren und Gewissensgefangenen freizulassen (siehe hier).

 

Zur saudischen Militärkoalition gehört aber auch der Sudan, gegen dessen Präsidenten Omar al-Bashir ein gültiger Haftbefehl des internationalen Gerichtshof in Den Hag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorliegt (siehe hier). HRW konstatiert in seinem Jahresbericht 2015, dass es im zurückliegenden Jahr keinerlei Fortschritte im Sudan bezüglich der dort katastrophalen Menschenrechtslage gegeben habe (siehe hier).

 

Wer möchte bei einem derartig illustren Kreis von Menschenschindern auch nur die Vermutung äußern, dass dieser von den US unterstützte Krieg in der Gewährleistung der Menschenrechte sein Motiv finde?

 

Die Situation im Jemen ist kompliziert, aber die Motive für die durch die USA unterstütze saudische Aggression sind doch relativ einfach zu erkennen. Den USA geht es um Öl und wohl auch um die Sicherstellung der Kooperation für weitere Drohnen-Angriffe, zudem um das Bündnis mit Saudi Arabien. Saudi-Arabien geht es um Öl und die Verhinderung der Etablierung eines schiitischen Regimes an seinen Grenzen. Die Huthi sind Gegner der al-Qaida, aber geben den USA keine Gewähr für ihre Drohnenangriffe. Sie stehen zudem Saudi Arabien feindlich gegenüber und würden sicherlich die Beziehungen des Jemen zu Iran stärken. 

 

Yemen liegt an einer internationalen Schiffsroute für den globalen Öltransport von immenser Bedeutsamkeit (siehe hier). Nahezu alle Ölexorte der OPEC Länder passieren durch eine schmale Stelle des roten Meeres zwischen den Häfen Aden im Jemen und Djibouti. Eine Blockade dieser Schiffroute könnte globale kritische Auswirkungen auf die Energieversorgung haben und würde dadurch auch die Interessen der USA berühren. Eine Kontrolle dieser Schifffahrtspassage durch ein durch die Huthie regiertes Jemen könnte, wenn diese tatsächlich ein engeres Bündnis mit dem Iran suchen sollten, den Einfluss des Iran in der Region und international erhöhen. Hadi, der durch die saudische Intervention erneut als Präsident eingesetzt werden soll, hat seine unbedingte Bündnisbereitschaft mit Saudi Arabien und den USA erklärt. Er wäre Garant eines anhaltenden dominanten saudischen und US-amerikanischen Einflusses auf den Jemen und würde gleichzeitig den USA weiterhin freie Hand für ihre dronenbasierten Exekutionen geben, die bei der Bevölkerung des Jemen aufgrund der durch sie ausgehenden ständigen Lebensbedrohungen ausgesprochen unbeliebt sind.

 

Was die USA in ihrer Jemen Politik allerdings übersehen, ist, dass wachsende Todeszahlen die Bevölkerung zunehmend gegen Saudi-Arabien und auch die USA einnehmen werden. Gleichzeitig könnte al-Qaida wegen des wachsenden Hasses auf Saudi Arabien und die USA gestärkt werden und könnte sich zunehmend bei denjenigen sunnitischen Stämmen verankern, die einen Kompromiss und eine Kooperation mit den schiitischen Huthi ablehnen. Dieser Prozess hat im Übrigen bereits begonnen. Profitieren von dem Krieg könnte aber auch der islamische Staate (IS, ISIS), der sicherlich geneigt ist, ein zunehmendes Kriegschaos zu nutzen, um seine beginnende Basis im Jemen zu konsolidieren und Religionshass zwischen Sunniten und Schiiten durch weitere Massaker zu verstärken. 

 

Ohne dass genaue Vorhersagen in Anbetracht der komplizierten Situation  möglich sind, ist bereits jetzt erkennbar, dass der Weg in die militärische Eskalation erneut ein bereits sich bedenklich am Rand des Zusammenbruch befindliches Land weiter destabilisieren und eine Explosion der Gewalt auslösen könnte. Im Bündnis mit Saudi-Arabien befeuern die USA die Eskalation, auch wenn jedenfalls derzeit einer Allianz aus Staaten, die für schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen bekannt sind, die Bombenangriffe überlassen und nur im Hintergrund geheimdienstlich und logistisch unterstützend für diese Staaten tätig sind.

 

"Bündnis Saudi-Arabien und USA" - eine Bilanz

 

Durch alle Krisen und Katastrophen seit der gemeinsamen Sache in Afghanistan ist das Bündnis zwischen den USA und dem islamistischen Gottesstaat Saudi Arabien stabil geblieben. Das Bündnis hat alle US-amerikanischen Administrationen von Ronald Reagan bis Barak Obama überdauert. Wenn überhaupt, ist es über die Jahre enger geworden, wie auch die Entwicklungen in Syrien und jetzt im Jemen zeigen. Es ist keine Liebesheirat, aber ein Zweckbündnis, welches durch das Öl zusammengehalten wird.

 

Mit dem Einlass US-amerikanischer Soldaten auf heimischen Boden hat Saudi Arabien eine wachsende Ablehnung innerhalb der muslimischen Welt riskiert, hat dafür aber letztlich an Sicherheit gegenüber äußeren und inneren Feinden gewonnen.  Das Öl wird zum Voreil beider Seiten gemeinsam ausgebeutet, wenn auch auf dem Rücken vieler anderer Länder und Völker und nicht zuletzt auf den Rücken der Millionen Fremdarbeiter aus der dritten Welt, die in Saudi Arabien bar aller Rechte und oft wie Leibeigene schuften, um zu überleben.

 

Gemeinsam interveniert man militärisch in anderen Ländern und finanziert bewaffnete Aufstände gegen missliebige Regime, wie in Syrien oder im Jemen. Saudi Arabien als muslimischer Gottesstaat schweigt zu den Drohnenangriffen der USA, die bereits tausende unschuldige Muslime töteten, und es schweigt zu Abu Graibh, Baghram oder Guantanamo, wo Muslime unter entwürdigenden Bedingungen interniert, gefoltert oder sogar getötet wurden.

 

(Saudi Arabien war übrigens sogar bereit, den homosexuellen Guido Westerwelle, der ohne Partner anreiste, zu empfangen, während es eigene Staatsbürger und Fremdarbeiter wegen Homosexualität mit der Todesstrafe bedroht. Dafür war Guido Westerwelle freundlich und sprach die Thematik der Verfolgung Homosexueller nicht an.)

 

Die USA schweigen ihrerseits oder flüstern nur zu den Exekutionen und Enthauptungen auf offener Straße in Saudi Arabien, die auch angebliche Hexen und Zauberer, Abtrünnige vom Islam und alle, die den Islam beleidigen, betreffen.

 

Umso lauter verurteilt man aber gemeinsam die Barbarei von al-Qaida und islamischem Staat, die sich in Wirklichkeit zum gleichen radikalistischen und menschenverachtenden Islam bekennen, wie er in Saudi Arabien mit Waffengewalt erzwungene Staatsräson ist, die gleichzeitig weltweit die Verbreitung des radikalen wahhabitischen Islam fördert, zu dem sich auch al-Qaida und der islamischer Staat hingezogen fühlen. 

 

Die USA und die westlichen Staaten scheinen froh zu sein, auf die Saud-Dynastie in Saudi Arabien als Garant für Stabilität und regelmäßigen Ölfluss setzen zu können. Zur Not werden sie diesen mit den eigenen im Land stationierten Soldaten erzwingen können.

 

Im Gegenzug nehmen sie es hin, dass Saudi Arabien auch in den USA und Westeuropa keine Kosten scheut, um die wahhabitische Version des sunnitischen Islam zu verbreiten, die den moderaten Mehrheitsislam untergräbt, die nicht-wahhabitischen Muslime als Nicht-Muslime bezeichnet, Religionshass säht und im eigenen Herrschaftsbereich Symbole aller anderen Religionen zu verbieten trachtet.

 

Für das Bündnis mit den Sauds nehmen es die westlichen Staaten hin, dass junge, oft problembeladene Menschen, denen es an Anerkennung und Erfolg in den westlichen Gesellschaften fehlt, mithilfe durch Saudi Arabien finanzierter Mission eine neue Heimat im wahhabitischen Islam finden und letztlich von den konsequenteren Vertretern dieses angeblichen Islam als Gotteskrieger gewonnen werden können.

 

Im Bündnis mit Saudi Arabien haben die westlichen Staaten bereits Schlimmeres hingenommen und bis jetzt ihren Kurs nicht korrigiert:

 

Sie haben es hingenommen, dass mit Libyen ein ganzes Land in anarchische Gewalt verfallen ist und dass in Syrien auf der Basis eines von vornherein fehlgeleiteten bewaffneten Kampfes  Hunderttausende den Tod fanden und Millionen vertrieben wurden.

 

Was die USA und die anderen westlichen Staaten aber nicht hinnehmen wollen, ist, die Opfer, die vor diesen Verheerungen fliehen, in den eigenen Ländern aufzunehmen. Den US-Republikanern ist gar die Aufnahme von 524 Flüchtlingen aus dem Krieg in Syrien seit 2011 zu viel, da sie eine Unterwanderung durch radikale Islamisten fürchten (siehe hier), während sie zu gleicher Zeit beste wirtschaftliche, politische und auch persönliche Beziehungen mit Saudi Arabien unterhalten. Das Leid der Betroffenen blenden sie aus und die Opfer ihrer Politik wollen aus dem eigenen Land möglichst fernhalten. Derweil ist die Anzahl von 524 durch die USA aufgenommen Flüchtlingen aus Syrien so grotesk niedrig, dass auch der Obama-Administration kaum ein höheres Maß an Menschlichkeit zugesprochen werden kann. Dies gilt aber auch für die westeuropäischen Staaten, die jährlich Tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen und die Rettungsmaßnahmen in dem Moment reduzierten als die Flüchtlingszahlen stiegen (siehe hier). Anstatt die Ursachen der Flucht, also die Kriege, zu bekämpfen, wollen sie die Schlepper bekämpfen, so dass bei Andauer der Fluchtursachen lediglich noch die letzten Rettungsringe, selbst wenn für sie teuer bezahlt werden muss,  nicht mehr greifbar wären (siehe hier). 

 

Das Zweck-Bündnis der westlichen Staaten mit Saudi-Arabien mag einen gesicherten Ölfluss und Milliardengewinne für saudische, US-amerikanische und westeuropäische Konzerne über Jahrzehnte garantiert haben. Tatsächlich aber untergräbt dieses Bündnis die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung,  verbreitet einen menschenverachtenden islamistischen Fundamentalismus, aus dem Terrorismus entsteht, und hat ganze Völker in den Abgrund gestoßen. Wer ein Zweck-Bündnis mit einem Verbrecher eingeht, wird selbst zum Verbrecher - dies ist die Lektion, die aus dem Bündnis der westlichen Staaten mit dem islamistischen Gottesstaat wohl am ehesten gelernt werden kann. Für eine Umkehr ist es nicht zu spät, aber die US-Unterstützung für die saudische Aggression im Jemen und die anhaltende gemeinsame Unterstützung für den verheerenden bewaffneten Kampf gegen das Assad Regime in Syrien, lassen befürchten, dass das Bündnis weiterhin stabil ist. Selbst unter der Maßgabe von weiteren Millionen Toten, es könnte stabil bleiben, solange es Öl in Saudi Arabien gibt. 

 

Anzumerken ist, dass das Bündnis der westlichen Staatengemeinschaft mit dem saudischen Wahhabismus  für all diejenigen, die für einen aufgeklärten, menschenwürdigen Islam stehen, die für den Islam stehen, der einstmals große Teile der griechischen Philosophie vor der Vernichtung durch das christliche Mittelalter rettete, ein echter Dolchstich ist. 

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Kommentar von helmut leger |

unglaublich aber wahr:
Menschenschinder, Massenmörder = Friedensnobelpreis:
Henry Kissinger:
zur Wahl von Nixon nach Friedensvetrag 20-30.000 Tote durch Bombierungen des vietnamesischen Volkes;
Barak Obama:
Erfinder des Drohnenkrieges, ohne Gefahr von eigenen Soldaten: Töten von tausenden von Menschen, Fortsetzung der kriegerischen "Amis"

Menschenschinder, Massenmörder = Friedensnobelpreis:
unglaublich aber wahr

Kommentar von Kipping |

wir sollten doch wenigstens die WM boykottieren. Es ist einfach nur beschämend mit welcher Unverfrorenheit unsere Politiker diese blutigen Hände schütteln. Schämt euch.