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Quo Vadis Ukraine? Weg ins Verderben oder friedliche Lösung?

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Die Darstellungen des Ukraine-Konflikts könnten kaum widersprüchlicher sein. Russische Regierung, die ukrainische Regierung in Kiew, Separatisten, die westlichen Staaten, einschließlich der Bundesregierung, sowie russische, ukrainische und westliche Medien scheinen in ihrer Berichterstattung über ein verschiedenes Land zu reden.

 

 

Verschiedene Betrachtungsweisen

 

Grob gesprochen lassen sich zwei Betrachtungsweisen erkennen:

 

 

- Ukraine als Opfer einer russischen Aggression

 

Gemäß der Darstellungen der ukrainischen Regierung, der westlichen Staaten und auch weitgehend der westlichen Medien liegt die Ursache des Ukraine-Konflikts im Streben Russlands nach militärischer und wirtschaftlicher Macht. Russland wolle seinen Einfluss über die Ukraine dauerhaft absichern, strebe gar an, Teile der Ukraine, wie bereits die Krim-Region, in den eigenen Staat einzugliedern. Russland sei ein expansionistischer Staat, der wider den Willen und den Interessen der Bevölkerung der Ukraine den Konflikt geschürt und am Leben gehalten hat.

 

Bei den Separatisten handelt es sich nach dieser Lesart vorwiegend um russische Soldaten und nicht um Staatsbürger der Ukraine. Sofern es sich um Staatsbürger der Ukraine handele, würden diese von russischen Beratern angeleitet. Ein Teil der Bevölkerung der Ukraine sei dabei Opfer einer Hass- und Schauerpropaganda der russischen Regierung geworden.

 

Die Regierung in Kiew sei die legitime Regierung der Ukraine, sei nach Flucht des Präsidenten Janukowitsch durch Parlamentsbeschlüsse zur Macht gelangt. Ausgangspunkt der Flucht des vorherigen Präsidenten Janukowitsch sei eine demokratische Rebellion der Bevölkerung der Ukraine gewesen, wie sie sich insbesondere auf dem Maidan symbolisiert habe. Diese Rebellion gegen Korruption und Diktatur habe den Willen der Bevölkerung der Ukraine repräsentiert, woraus sich die Legitimität der aktuellen Regierung der Ukraine ergebe, zumal die vorherige Regierung die Verantwortung für die Massentötungen auf dem Maidan trage.

 

Die derzeitigen militärischen Operationen der Regierung der Ukraine seien eine Antiterrormaßnahme, die sich gegen hoch bewaffnete von Russland orchestrierte Kräfte wende mit dem Ziel, die demokratische Ordnung der Ukraine aufrechtzuerhalten, Gewalttätigkeit und Verfassungsbrüchen entgegenzuwirken. Zu dieser Militäroffensive gebe es angesichts des Verhaltens der russischen Regierung und der durch sie angeleiteten Separatisten keine Alternative.

 

 

Es gebe einen Plan Russlands zur Zerstörung der Ukraine. Eine Befriedung des Landes und die Sicherstellung einer demokratischen Ordnung, einschließlich freier Wahlen, bedürfe daher eines militärischen Vorgehens, zumal Russland seine in Genf eingegangenen Verpflichtungen nicht eingegangen sei, nicht für eine Räumung der durch Separatisten besetzten Häuser und eine Entwaffnung illegaler Kräfte gesorgt habe. Die aggressive Haltung Russlands mache gleichzeitig wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland erforderlich.

 

 

- Kampf gegen einen faschistischen Putsch

 

Gemäß der Darstellungen der russischen Regierung, russischer Medien und der Separatisten ist die Regierung in Kiew nicht legitim, sondern sei durch einen gewalttätigen, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes außer Kraft setzenden Putsches an die Macht gelangt. Die Regierung werde durch Faschisten dominiert, die die Unterwerfung der russisch-stämmigen Bevölkerung anstrebe.

 

Maßgeblich seien der sogenannte rechte Sektor, die SWOBODA  und andere rechtsextremistische Kreise, die bereits unter Waffen stünden und Übergriffe auf ihre politischen Gegner unternähmen. Bereits die Maidan-Demonstrationen seien faschistisch geprägt gewesen, hätten nicht den demokratischen Willen der Bevölkerung der Ukraine repräsentiert, sondern seien Ausdruck einer rechts- und verfassungswidrigen Strategie der Eskalation und eines gewaltsamen Regime-Change-Programmes gewesen. Hinter den Kulissen sei dies unterstützt und auch orchestriert worden durch die USA, aber auch durch andere westliche Länder.

 

Die Massentötungen des Maidan seien nicht durch die vorherige Regierung zu verantworten gewesen, sondern seien das Werk der damaligen Opposition gewesen, der es infolge dessen gelungen sei, die Macht zu ergreifen. Parlamentsbeschlüsse seien nicht legitim, da sie unter dem Eindruck bewaffneter Kräfte des rechten Sektors, die das Parlament umzingelt hätten, und infolge von weiterer Bedrohungen zustande gekommen seien.

 

Die Handlungen der Separatisten seien reine Reaktion auf diese Entwicklung, repräsentierten denjenigen Bevölkerungsteil, der insbesondere im Osten und Südosten der Ukraine angesiedelt sei, der die neue Regierung als illegitim betrachte. Der Kampf der Separatisten wende sich gegen Faschisten, nicht gegen eine freiheitlich-demokratische Grundordnung.

 

Russland betrachte die Interessen der russisch-stämmigen Bevölkerung der Ukraine tiefgreifend beeinträchtigt, erkenne die Regierung in Kiew nicht an, habe von daher auch dem Willen der Bevölkerung der Krim entsprochen, diesen vorherigen Landesteil der Ukraine mit Russland zu vereinen, wodurch in der Krim ein Gewalt geladenes Szenario verhindert worden sei, wie es derzeit in der Ost- und Südost-Ukraine zu beobachten sei.

 

Die separatistischen Kräfte rekrutierten sich aus Menschen aus der Ukraine selbst, auch wenn es – nicht die durch die russische Regierung organisierte – Unterstützer, beispielsweise aus der Krim, gebe. Russland habe einen gewissen Kontakt zu den Separatisten, ohne deren Aktionen aber zu kontrollieren. Im Gegensatz zur Krim seien keine russischen Soldaten in der Ost- oder Südost-Ukraine anwesend.

 

Die derzeitige Militäroffensive der Regierung in Kiew entspreche einem Kampf gegen das eigene Volk, führe zu schweren Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Massaker, und zerstöre die Möglichkeiten für eine friedfertige Lösung.

 

Die militärischen Aktionen der Regierung in Kiew würden dabei maßgeblich durch die USA und NATO-Staaten unterstützt angeleitet, weshalb auch der CIA-Chef unmittelbar vor Beginn der militärischen Optionen in der Ukraine zu Besuch gewesen sei.

 

 

Gemeinsamkeiten der verfeindeten Seiten

 

Bei aller Unterschiedlichkeit betonen beide Seiten die Notwendigkeit zu einer friedfertigen Lösung und zur Beendigung militärischer Aktionen, wobei allerdings beide Seiten die einseitige Einstellung militärischer Aktionen von der Gegenseite fordern. Dies betrifft auch die vereinbarte Räumung besetzter Gebäude und Plätze, wobei die Regierung in Kiew und die westlichen Staaten auf der Räumung der in der Ost- und Südost-Ukraine durch Separatisten besetzten Gebäude und Plätze beharren, während die Separatisten und Russland fordern, den Maidan-Platz und andere, teilweise auch durch Mitglieder des rechten Sektors besetzte Örtlichkeiten zu räumen. Die Regierung in Kiew und die westlichen Staaten verlangen eine Entwaffnung der Separatisten. Die Separatisten und Russland fokussieren sich auf die Forderung einer Entwaffnung von Kräften des rechten Sektors, wie anderer paramilitärischen Gruppierungen, die aktuell nach Bericht des Christian Science Monitor  mit Unterstützung der Regierung in Kiew in der Ukraine gebildet werden.

 

Beide Seiten werfen der jeweils anderen Seite Propaganda und schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Beide Seiten beklagen also Propaganda und Menschenrechtsverletzungen, reklamieren für sich jedoch ausschließlich die Rolle des Opfers und weisen der gegnerischen Seite die alleinige Täter-Rolle zu.

 

Wie sieht die Wirklichkeit aus?

 

Im Folgenden wird versucht durch konsequente Ausblendung von erkennbar propagandistischen Elementen aus der Informationslage die Wirklichkeit quasi aus dem Nebel der Verzerrung sichtbar zu machen (siehe auch hier eine vorherige Darstellung). Auf dieser Grundlage sollen Motive und Strategien der beteiligten Seiten sowie mögliche Ergebnis- und Lösungsszenarien erarbeitet werden.

 

In Anbetracht der konträren, miteinander scheinbar unversöhnlichen Darstellungen ist es kein leichtes Unterfangen, die Wirklichkeit herauszuarbeiten. Bei konsequenter Ausblendung als möglicherweise propagandistisch erscheinender Informationsteile wird jedoch der Blick wird frei auf eine Wirklichkeit, die weder der russischen/separatistischen noch der westlichen/ukrainischen Regierungsdarstellung entspricht.

 

Der eingeschlagene methodische Zugang besteht dabei darin, nur solche Informationen heranzuziehen, die sich in den Medien beider Seiten finden und gleichzeitig von allen zusätzlichen Informationen abzusehen, die lediglich von einer Seite behauptet werden oder keinen Informations- sondern einen Bewertungscharakter aufweisen.

 

Das Vorgehen sei an einem Beispiel der Massenerschießungen auf dem Maidan näher erläutert, um die Stringenz dieses methodischen Ansatzes und – daraus folgend – die Tragfähigkeit der aus ihm erfolgten Schlüsse zu belegen:

 

Aus russischen wie westlichen Medienberichten ist zu entnehmen, dass mehr als 100 Personen auf dem Maidan durch Scharfschützen erschossen wurden. Es habe Scharfschützen aufseiten der damaligen Regierung des Präsidenten Janukowitsch gegeben, wobei aber ebenfalls aus einem Hotel Schüsse abgegeben worden seien, welche zum damaligen Zeitpunkt unter Kontrolle der Opposition gewesen sei. Ein Abhörprotokoll von Scharfschützen auf der Seite von Präsident Janukowitsch zeigt, dass diese über die Anwesenheit anderer, nicht auf ihrer Seite stehender Scharfschützen, berichteten und von diesen überrascht waren. Ebenfalls ist – wie unfreiwillige Zeugenaussagen des esländischen Außenministers Paet im abgehörten Telefonat mit des  EU Außenbeauftragten Ashton – gesichert, dass auch aufseiten der Opposition unmittelbar nach den Schüssen Zweifel an einer Verantwortung von Kräften des damaligen Präsidenten Janukowitsch geäußert wurden. Unstrittig ist des Weiteren, dass Präsident Janukowitsch unmittelbar nach den Schüssen das Land fluchtartig verließ und die neue Regierung an die Macht gelangte. Für den weiteren Verlauf kann im Rahmen der vergleichenden Analyse als gesichert unterstellt werden, dass der neue Generalstaatsanwalt der Ukraine - Mitglied der SWOBODA-Partei - zunächst von einer sicheren Verantwortung von Präsident Janukowitsch sprach, später äußerte, nicht dieser, sondern die russische Regierung sei verantwortlich, schließlich seine Meinung erneut änderte und nunmehr wiederum Präsident Janukowitsch und die Polizeieinheiten in Berkut für die Todesschüsse verantwortlich macht. Als gesichert kann ebenfalls gelten, dass Angehörigen der Getöteten wie auch Verletzte bzw. deren Anwälte bis heute durch die neue ukrainische Regierung eine transparente Darlegung der Ermittlungsergebnisse verweigert worden ist, obwohl diese eine solche einfordern. Eine tatsächlich unabhängige und transparente Untersuchung der Todesschüsse hat bisher nicht stattgefunden, wobei die neue ukrainische Regierung diesbezüglich auch keine Schritte in die Wege geleitet hat.

 

Ohne Berücksichtigung nur von einer Seite getätigter Behauptungen ergibt sich insofern als Schlussfolgerung, dass es tatsächlich zu Massentötungen auf dem Maidan gekommen ist, wobei die Verantwortlichkeit hierfür derzeit nicht geklärt ist, jedoch grundsätzlich gesichert ist, dass von beiden Seiten – Kräften der Regierung und der damaligen Opposition – geschossen wurde, ohne dass jedoch eine genauere Zuordnung der Schützen zu den Getöteten bisher mit hinreichender Sicherheit erfolgen kann.

 

 

Unter Anwendung des oben erläuterten methodischen Zugangs ergibt sich folgendes Bild der Wirklichkeit:

 

Charakterisierung der Maidan-Proteste und des Regierungssturzes

 

Die Ukraine ist ein gespaltenes Land, in der sich zwei große Bevölkerungsanteile zum gegenwärtigen Zeitpunkt feindselig gegenüberstehen. Eine Seite der Bevölkerung strebt einen Westanschluss an bei Minimierung des Einflusses Russlands, die andere Seite strebt eine engere Anbindung an Russland bei Reduzierung des Einflusses der westlichen Staaten an.

 

Beide Bevölkerungsanteile gegen davon aus, dass der jeweils andere Bevölkerungsanteil bzw. deren Repräsentanten sie unterdrücken und ihre Rechte schmälern wollen.

 

Bei zurückliegenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hat sich abwechselnd der eine oder der andere Bevölkerungsanteil jeweils knapp durchgesetzt.

 

Die Maidan-Proteste wurden ausgelöst, als Präsident Janukowitsch eine Vereinbarung zu einer Annäherung an die EU – jedenfalls zunächst – auf Eis legte. Die Proteste fokussierten sich – jedenfalls zunächst – auf die Forderung nach einer engeren Westanbindung der Ukraine, entsprachen insofern dem Willen des westlich orientierten Bevölkerungsteiles des Landes. Im weiteren Verlauf der Proteste entwickelte sich zunehmend die Forderung nach einem Sturz der Regierung.

 

Auf die Proteste reagierte Präsident Janukowitsch und seine Regierung durch die Anwendung polizeilicher Repressionsmaßnahmen, wobei es ebenfalls zu Übergriffen an Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Umgekehrt kam es aufseiten der Demonstranten teilweise zu einer Bewaffnung, Übergriffe auf Polizeibeamte und Unterstützer von Präsident Janukowitsch und die Regierung wurden mehrfach verübt, Gebäude und Plätze wurden besetzt und nicht mehr freigegeben, wobei Barrikaden gebaut wurden.

 

Von Anfang an waren an dem Protest auch ultra-nationalistische und rechtsextremistische Einzelpersonen und Gruppierungen beteiligt, einschließlich der SWOBODA-Partei und des rechten Sektors, wobei die anderen Oppositionsparteien, beispielsweise repräsentiert durch Klitschko oder Timoschenko, ein Bündnis mit diesen Gruppierungen für den Protest schlossen.

 

Die Rechtsradikalen stellten zu keinem  Zeitpunkt die Mehrheit der Protestierenden dar, jedoch erfolgte seitens der Protestierenden keine Abgrenzung von den Rechtsradikalen, zumal sie diese auch als eine Verteidigung gegenüber den Polizeieinheiten von Präsident Janukowitsch betrachteten.

 

Die Rechtsradikalen gewannen im Verlauf der Proteste und insbesondere auch in der Endphase zunehmend an Bedeutung, standen dabei einer durch die EU-Außenminister ausgehenden Kompromisslösung ablehnend gegenüber. Auch von Rechtsradikalen gestellte bewaffnete Kräfte drangen schließlich ebenfalls in das Parlament der Ukraine ein. Nachfolgende Parlamentsbeschlüsse und Abgeordnete der neuen Opposition wurden von diesen teilweise nächtlich – so berichtete der lettische Außenminister Urmas Paet als unfreiwilliger zeuge in einem abgehörten Telefonat mit  der EU Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton – besucht, es kam ebenfalls zu körperlichen Übergriffen gegen Abgeordnete, die die neue ukrainische Regierung kritisierten.

 

Das Protestcamp am Maidan ist bisher nicht aufgelöst, auch weitere Gebäude sind durch die Maidan-Demonstranten nach wie vor besetzt, wobei Kräfte von SWOBODA und des rechten Sektors eine relevante Rolle spielen.

 

Die Proteste auf dem Maidan, die zum Regierungssturz führten, können insofern nicht als Repräsentation des eindeutig mehrheitlichen Willens der Bevölkerung der Ukraine betrachtet werden, sondern stellten und stellen eine Repräsentation desjenigen Anteiles der Bevölkerung der Ukraine dar, der für eine Westanbindung eintritt, während der diesem ablehnend gegenüberstehenden Bevölkerungsanteil durch die Protestierenden und auch durch die neue Regierung zu keinem Zeitpunkt repräsentiert wurde und auch nach wie vor nicht repräsentiert wird.

 

Der Protest auf dem Maidan und der Regierungssturz sind also als Ausdruck der tiefen Spaltung der Bevölkerung der Ukraine.

 

Einfluss von Rechtsradikalen

 

Die neue Regierung der Ukraine ist keine faschistische, aber auch keine demokratisch legitimierte Regierung. Sie steht nicht für die gesamte Bevölkerung, sondern nur für einen Teil der Bevölkerung der Ukraine. Sie ist nicht gemäß der Festlegungen in der Verfassung auf ungesetzliche Art und Weise zur Macht gelangt. Zwar wurden Parlamentsbeschlüsse gefasst, die jedoch unter dem Eindruck einer unmittelbaren Bedrohung für Leib und Leben der Gegnerin der neuen Konstellation erfolgten.

 

Während die neue Regierung der Ukraine nicht insgesamt faschistisch ist, schließt sie Mitglieder der rechtsradikalen SWOBODA-Partei ein, wobei der Einfluss dieser rechtsradikalen Partei auch im Justizsystem erkennbar wird, wo sie den neuen Generalstaatsanwalt stellt. Das europäische Parlament fordert seit 2012, nicht mit der SWOBODA zu kooperieren. Der jüdische Weltkongress forderte das Verbot der SWOBODA aufgrund rassistischer und antisemitischer Äußerungen. Eine SWOBODA-Delegation besuchte 2013 die Landtagsfraktion der NPD in Sachsen. Die SWOBODA Partei versichert mittlerweile nicht antisemitisch oder rassistisch zu sein, einen grundlegende Distanzierung von noch vor kurzem durch nach wie in der Partei einflussreiche Repräsentanten, einschließlich des Vorsitzenden, geäußerte rassistische und antisemitische Äußerungen liegt aber nicht vor.

 

Weiterhin sind Mitglieder des rechten Sektors und anderer rechtsradikalen Gruppen bewaffnet, nehmen auch u. a. Schutzfunktionen für das Parlament wahr, wurden teilweise in die neue geschaffene „Nationalgarde“ aus Freiwilligen integriert, die derzeit auch in den militärischen Aktivitäten gegen die Separatisten eingesetzt wird.

 

Korruption in der Ukraine

 

In der Ukraine grassiert Korruption, die maßgeblich zu einer Entfremdung von erheblichen Teilen der Bevölkerung von den politischen Institutionen geführt hat. Personifiziert wird die Korruption durch die Oligarchen, die mit rechtswidrigen und korrupten Methoden Milliardenvermögen erworben haben.

 

Ein Teil der Forderung der Maidan-Demonstranten bezog sich auf den Kampf gegen die Korruption.

 

Die grassierende Korruption in der Ukraine ist eine Tatsache, allerdings geht diese nicht oder noch vorwiegend von Unterstützern von Janukowitsch aus, sondern wird von allen Seiten betrieben, wobei eine genauerer quantifizierter Vergleich des Ausmaßes der durch beide Seiten betriebenen Korruption anhand fehlender objektiver Informationen nicht möglich ist. Ein hohes Ausmaß an Korruption und auch eigener Bereicherung ist aber fraglos beispielsweise für die frühere Regierungschefin und aktuelle Präsidentschaftskandidaten Timoschenko anzunehmen. Der Der aktuell durch die westlichen Staaten – übrigens auch durch maßgebliche Teile der bundesdeutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen – unterstützte Präsidentschaftskandidat Petro Poroschenko – ist ebenfalls Oligarch und Multimilliardär.

 

Festzustellen ist zudem, dass die neue Regierung der Ukraine in der Ostukraine als eine ihrer ersten Amtshandlungen die Oligarchen als Statthalter einsetzte. Derjenige Anteil an den Maidan-Demonstranten, dem es tatsächlich um die Abschaffung der Korruption auf allen Seiten ging, hat sich machtpolitisch nicht durchgesetzt, wird durch die neue Regierung der Ukraine in Kiew nicht repräsentiert.

 

Menschenrechtsverletzungen

 

In der Ukraine wurden und werden auch weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen begangen, die Inhaftierungen und Verschleppungen, Misshandlungen, Folter sowie extralegale Tötungen einschließen. Ein aktueller Höhepunkt der Menschenrechtsverletzungen ereignete sich soeben in Odessa, wo dutzende pro-russische Demonstranten – hier liegt ein diesbezüglich eindeutiger Augenzeugenbericht des Guardian-Journalisten Howard Amos vor – in einem Gewerkschaftsgebäude durch Brandlegung zu Tode kamen, wobei Menschen, die sich aus dem Haus durch Sprünge oder Abseilen retteten, teilweise von um das Haus stehende Pro-Regierungsdemonstranten zusammengeschlagen wurden. Aus dem Bericht des Guardian-Journalisten ergibt sich zudem die Anwesenheit von bewaffneten Kräften des rechten Sektors, wobei ein Mitglied im Interview betonte, dass es um die Vernichtung der Russen gehe. Nachfolgend auf dies Ereignis äußerte (siehe Spiegel-Online) der (erst nach langer Verzögerung ohne Benennugn von Gründen abgesetzte)  Gouverneur, dass es bei der Brandlegung um die Neutralisierung von Terroristen gegangen sei, wobei auch ukrainische Medien die Ausschaltung dieser „Terroristen“ begrüßten. Diese aus westlichen Medien zu entnehmenden Informationen konvergieren mit Berichten aus russischen Medien, sodass sie hier als Tatsache angenommen werden können. Weitergehende Informationen zum genauen Ablauf und zu den spezifischen Tätern fehlen, wobei es sich allerdings aus dem Augenzeugenbericht des Guardian-Journalisten ergibt, dass bei vorherigen Auseinandersetzungen beide Seiten bewaffnet gewesen sind.

 

Tatsache ist es ebenfalls, dass beide Seiten Menschen gefangen nehmen und beide Seiten diese auch in degradierenden Positionen, gefesselt und mit verbundenen Augen, in den Medien präsentierten. Gesichert ist ebenfalls, dass die ukrainische Regierung Panzer und Hubschrauber einsetzt, um durch Separatisten besetzte Gebäude zurückzuerobern, wobei die Panzer teilweise durch Zivilisten gestoppt werden. Zahlreiche Todesfälle liegen bereits vor, wobei sowohl an Kämpfen Beteiligte wie auch Zivilisten zu Tode gekommen sind, ohne dass aber eine genaue Quantifizierung oder Benennung der Verantwortlichen möglich ist. Die ukrainische Regierung gesteht ein, dass die Mehrheit der Menschen in den betroffenen Gebieten, in denen die Regierung militärisch vorgeht, die Separatisten unterstützen.

 

Auf beiden Seiten wird eine martialische Sprache verwandt, die Begriffe wie „Vernichtung“ (beide Seiten), „Terroristen“ (Regierungsbegriff) bzw. „Faschisten“ (Separatistenbegriff) einschließt. Auf beiden Seiten erfolgt keine differenzierte Darstellung des Gegners. 

 

 

Haltung gegenüber der russisch-sprachigen/-stämmigen Bevölkerung

 

Unmittelbar nach Regierungssturz verabschiedete das Parlament einen Beschluss zur Abschaffung des Russischen als zweite Landessprache. Dieser Beschluss wurde – auch nach Kritik aus westlichen Staaten – durch den neuen Regierungschef Arsenij Jazenjuk nicht umgesetzt, ist aber dennoch als Beleg einer negativen Haltung gegenüber der russisch-sprachigen und russisch-stämmigen Bevölkerungsmehrheit zu bewerten.

 

Der den progressiven Kurs kritisch gegenüberstehende Bevölkerungsanteil ist in der neuen Regierung nicht repräsentiert. Erst nach Gebäudebesetzung und Auftreten bewaffneter Kräfte in der Ost- und Südostukraine hat die Regierung erstmals davon gesprochen, über eine Förderalisierung der Ukraine verhandeln zu wollen, wobei die Regierung aber Verhandlungen mit den bewaffneten Separatisten selbst ablehnt.

 

In einem abgehörten Telefonat berichtete die Oppositionsführerin und Präsidentschaftsanwärterin Timoschenko, dass sie den russisch-stämmigen Teil der ukrainischen Bevölkerung am liebsten mit einer Atombombe vernichten würde, wobei die Authentizität des Telefonats eingestanden ist, Frau Timoschenko allerdings diese spezifische Äußerung bestreitet. In der Vergangenheit haben sich entsprechende abgehörte Telefonate ausnahmslos als authentisch erwiesen, eine auch technische Substantiierung der behaupteten Manipulation hat nicht stattgefunden.

 

Insgesamt wird deutlich, dass mindestens bis zum Zeitpunkt des Beginns der auch bewaffneten separatistischen Aktivitäten im Osten und Südosten der Ukraine keine Bereitschaft seitens der Regierung bestanden hat, auf den russisch-sprachigen und –stämmigen Bevölkerungsanteil zuzugehen. Die seitherigen verbalen Angebote über eine Förderalisierung zu verhandeln, finden zeitgleich statt mit einem militärischen Vorgehen der Regierung, welches diese als Antiterror-Kampf bezeichnet und von der Vernichtung des Gegners spricht. Verhandlungen mit den Separatisten lehnt die Regierung ab.

 

 

Rolle der USA und anderer westlicher Staaten beim Regierungssturz

 

Es wird von Russland und Separatisten behauptet, dass die USA und die westlichen Staaten die Maidan-Demonstrationen maßgeblich organisiert hätten und insofern die Hintermänner des Regierungssturzes in der Ukraine seien. Hierfür gibt es jedoch keine Belege. Im Gegenteil zeigen letztendlich Berichte beider Seiten, dass es einen genuinen Anteil der Bevölkerung der Ukraine gegeben hat, der sich durch  Präsident Janukowitsch und seine Regierung nicht repräsentiert fühlte, der eine Westanbindung wollte und sich zur Teilnahme an den Protesten entschloss. Die Maidan-Proteste – und insofern auch der Regierungssturz – sind insofern nicht als ein vorwiegend außen gesteuertes Geschehen zu betrachten, sondern sind Ausdruck des innerukrainischen Konfliktes.

 

Sicher ist allerdings, dass die USA und die westlichen Staaten von Anfang an auf Seiten der Maidan-Protestierenden standen und zum anderen bereits zuvor Parteien und Gruppierungen, die später zum Maidan-Protest gehörten, aktiv unterstützten, wie die Partei der Oppositionsführerin Timoschenko. Seitens der Bundesrepublik Deutschland ging diese Unterstützung soweit, dass ernsthaft die Ukraine aufgefordert wurde, ihre Verfassung zu ändern, um eine Behandlung der damals inhaftierten Timoschenko in der Bundesrepublik Deutschland wegen eines Bandscheibenvorfalls zu ermöglichen.

 

Außerdem haben die USA sich aktiv eingebracht in die Klärung der Frage, wer eine neue Regierung stelle solle. In einem abgehörten Telefonat zwischen dem US-Botschafter in der Ukraine Jeffry Payette und der Stellvertreterin des US-Außenministers Victoria Nuland äußerte diese, dass der Oppositionsführer Klitschko nicht zu einer neu zu bildenden Regierung gehören solle, sondern dass diese durch Arsenij Jazenjuk angeführt werden solle, was dann auch im Verlauf tatsächlich geschah.

 

Sicher auszugehen ist von einem engen Gesprächskontakt zwischen der westlichen Seite und den Repräsentanten der Maidan-Proteste, wobei seitens der USA ein Regierungswechsel angestrebt wurde und konkrete Überlegungen zur Zusammensetzung der neuen Regierung getätigt wurden. Aus dem abgehörten Gespräch wird zudem deutlich, dass die USA ihre diesbezüglichen Vorstellungen mit den Oppositionsführern dezidiert besprachen, um entsprechenden Einfluss zu nehmen. Die positive Haltung ihrer Regierungen zu den Protesten auf dem Maidan korrespondierte aufseiten der westlichen Medien mit einer überwiegend positiven Berichterstattung, wobei die Maidan-Proteste kaum als Ausdruck eines gespaltenen Landes, sondern in nahezu allen westlichen Medien eher als Ausdruck des demokratischen Willens der Bevölkerung der Ukraine dargestellt wurden.

 

Parteipolitisch entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland ein übergreifender Konsens zur Unterstützung der Proteste im Sinne eines demokratischen Bürgerprotestes, der CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis90/Die Grünen umfasste, wobei lediglich Die Linke ausscherte, wofür sie dann auch erheblich seitens SPD, Grünen und Medien kritisiert wurde, u. a. als unter diesen Voraussetzungen nicht regierungsfähig dargestellt wurde.

 

Bezüglich der Massentötungen auf dem Maidan wurde in westlichen Medien sofort Präsident Janukowitsch für diese verantwortlich gemacht, einer Position, der sich auch die westlichen Regierungen unmittelbar anschlossen. Es wurde keine Forderung seitens der westlichen Regierung gestellt, den zuvor vereinbarten Kompromiss (Beendigung der Proteste, Neuwahlen im Mai) nunmehr trotzdem umzusetzen. Die westlichen Staaten erkannten dann auch sofort die neue ukrainische Regierung an, akzeptierten es dabei auch, dass sich in dieser Regierung Mitglieder der SWOBODA-Partei befanden.

 

Aus dem abgehörten Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Ashton ergeben sich zudem konkrete Überlegungen der westlichen Staaten im Hinblick auf finanzielle Unterstützung für die neue Regierung sowie eine angestrebte Anleitung von deren Politik durch ausländische Experten.

 

Auf verbale Bekenntnisse zu einer unabhängigen Untersuchung der Massentötungen am Maidan folgte bisher seitens der westlichen Staaten kein Druck auf die neue ukrainische Regierung.

 

Während die Maidan-Proteste und der Regierungssturz insofern zwar als ein innerukrainisches Konfliktgeschehen zu bewerten sind, ist es als ebenso gesichert anzunehmen, dass die USA und die westlichen Staaten dabei eine unterstützende Rolle spielten und  auch  einen – nach den vorliegenden Informationen nicht genau quantifizierbaren – Einfluss auf den Regierungssturz und die Regierungsbildung ausübten.

 

 

 Sezession und Eingliederung der Krim in Russland

 

 Rasch nach dem Regierungsumsturz zeigten sich bewaffnete Formationen in der Krim, die nicht die Abzeichen eines Landes trugen, die Gebäude besetzten und dabei auf keinen Widerstand der Bevölkerung trafen. Gefordert wurden die Unabhängigkeit der Krim und deren Anschluss an Russland. Ein Referendum wurde organisiert, in dessen Verlauf die überwältigende Mehrheit für einen Anschluss an Russland stimmte.

 

Während die Transparenz des Referendumsprozesses kontrovers diskutiert wird, ist unstrittig – entnehmbar aus der Berichterstattung von beiden Seiten – dass die große Mehrheit der Bevölkerung der Krim für einen Anschluss an Russland eintrat, wobei demgegenüber insbesondere die Minderheit der Tartaren mehrheitlich einen solchen Anschluss entgegenstand.

 

Die große Mehrheit der Bevölkerung der Krim erachtete sich als durch die neue Regierung in Kiew nicht repräsentiert, sondern bewertete diese Regierung vielmehr als illegitim, wodurch eine neue Situation entstanden sei, die die Unabhängigkeit der Krim und ihre Eingliederung in Russland rechtfertige.

 

Der Anschluss der Krim wurde seitens der Regierung der Ukraine und der westlichen Staaten als völkerrechtswidrige Annektion durch Russland bewertet, wobei diese Annektion ohne kriegerische Handlungen relevanten Ausmaßes einherging und mit dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung übereinstimmte. Russland brach dabei vorherige Vereinbarungen, die Integrität der Ukraine zu achten, wobei seitens Russlands mit dem Kosovo als Präzedenzfall argumentiert wurde.

 

Russische Soldaten kamen damals in der Krim zum Einsatz, was die russische Regierung zunächst bestritt, mittlerweile aber zugegeben hat. Russland übte insofern eine durch die große Mehrheit der Bevölkerung der Krim unterstützte aktive Rolle bei der Unabhängigkeitserklärung der Krim und ihrer Eingliederung in die russische Föderation aus

 

 

Bewaffneter Konflikt in der Ost- und Südostukraine

 

Rasch nach dem Regierungssturz kam es zu zunehmenden Protesten und Demonstrationen im Osten und Südosten der Ukraine, wobei schließlich bewaffnete Kräfte in Erscheinung traten. Die westlichen Staaten und die Regierung der Ukraine behaupten seither, dass es sich um russische Soldaten handele, wofür jedoch bisher keine substantiierten Belege erbracht worden sind. Teilweise konnten präsentierte Belege sogar als Fälschungen enttarnt werden.

 

Während teilweise in westlichen Medien der Eindruck vermittelt wurde, dass sich Zivilisten kaum an den Protesten beteiligen würden, wird mittlerweile von beiden Seiten übereinstimmend berichtet, dass nach den vorliegenden Informationen ein nicht genauer zu quantifizierenden, aber nicht unerheblicher Anteil an Zivilisten sich an den Protesten beteiligt. In zahlreichen Gebieten der Ostukraine und auch in Teilen der Südostukraine begegnet die Bevölkerung den Separatisten und ihren Forderungen freundlich, wobei die Ablehnung der neuen Regierung in Kiew von der großen Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird, während die Forderung nach Unabhängigkeit und ggf. Anschluss an Russland von einem erheblich geringen Bevölkerungsanteil vertreten wird.

 

Während die neue Regierung in Kiew behauptet, sich primär mit „Terroristen“ konfrontiert zu sehen und die Separatisten wiederum behaupten, sich primär mit „Faschisten“ auseinanderzusetzen, handelt es sich tatsächlich bei den aktuellen militärischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine und Südostukraine erneut um den Ausdruck der Spaltung des Landes und insofern um einen vorwiegend innerukrainischen Konflikt.

 

Die neue Regierung in Kiew sieht sich nicht vorwiegend konfrontiert mit „Terroristen“, „die zu vernichten seien“,  sondern mit einer ihr feindlich gesinnten Bevölkerungsmehrheit in wesentlichen Teilen der Ost- und Südostukraine, was mittlerweile der Präsident der Ukraine auch eingestanden hat, aber nach wie vor oftmals in der Berichterstattung untergeht.

 

Umgekehrt sehen sich die Separatisten und der Bevölkerungsanteil der Ost- und Südostukraine, der diese unterstützt, nicht vorwiegend „Faschisten“ gegenüber, sondern einem ihren Forderungen gegenüber ablehnend orientierten Bevölkerungsanteil, der insbesondere die Westukraine bewohnt und der eine Westorientierung des Landes möchte und für sich den Anspruch erhebt, in Form der neuen Regierung die legitime Macht über das gesamte Land auszuüben.

 

Beide Seiten verwenden bei der Charakterisierung des Gegners Kampfbegriffe (Terroristen, Faschisten), die der Dehumanisierung des Gegners und damit der Legitimierung von Gewaltanwendung dienen. Hiermit einhergehende beidseitig verwandten Begriffe, wie Vernichtung, dienen der propagandistischen Vorbereitung auf eine eskalierende Situation und der Legitimation im Verlauf einer solchen zu erwartender – und auch bereits eingetretener – Menschenrechtsverletzungen.

 

Eine direkte Beteiligung russischer Soldaten an dem Konflikt ist nicht belegt, belegt ist aber die positiv unterstützende Haltung der russischen Regierung gegenüber den Separatisten und ihren Forderungen, wobei die russische Regierung eine Föderalisierung der Ukraine anstrebt. Es ist wohl wahrscheinlich – aber nicht sicher belegt – dass die russische Regierung auch weitergehende Unterstützung für die Separatisten leistet. Dies bleibt jedoch eine Hypothese.

 

Die russische Regierung und die Separatisten werfen ihrerseits den USA vor, das militärische Vorgehen der Regierung in Kiew zu koordinieren. Dies ist nicht belegt, gesichert ist aber, dass der CIA-Direktor die Ukraine kurz vor Beginn der militärischen Aktion der neuen Regierung besuchte, wobei die USA dies allerdings als Routinebesuch darstellen. Des Weiteren nahm die ukrainische Regierung kürzlich einen russischen Diplomaten fest, da dieser über die Zusammenarbeit der NATO-Staaten mit der neuen ukrainischen Regierung bei der militärischen Niederschlagung des bewaffneten Aufstandes in der Ostukraine spioniert habe. Eine entsprechende Zusammenarbeit kann aufgrund dieser Eigendarstellung der ukrainischen Regierung insofern als Tatsache unterstellt werden. Zudem wird aktuell auch in westlichen Medien – übereinstimmend mit den Berichten aus russischen Medien – dargelegt, dass CIA-Agenten in Kiew seien und in die Planung der militärischen Aktivitäten gegen die Separatisten in der Ostukraine eingebunden seien. Eine mindestens beratende Beteiligung der CIA an den militärischen Regierungsaktionen im Osten der Ukraine ist somit als Sachlage festzustellen.

 

Propaganda und vereinseitigte Darstellungen

Alle Seiten charakterisieren sich in ihren Darlegungen zur Ukraine-Krise durch ein hohes Ausmaß an Vereinseitigung und Verzerrung und sind somit als deutlich propagandistisch geprägt zu bewerten. Dies betrifft Stellungnahmen der russischen Regierung, der Separatisten, der neuen Regierung in Kiew, der westlichen Staaten sowie auch Berichte der ukrainischen Medien, der russischen Medien und ebenfalls der westlichen Medien. Die Propaganda der neuen ukrainischen Regierung und deren Einfluss auf die Berichterstattung der westlichen Medien werden dabei zu einem nicht genau bestimmbaren Ausmaß angeleitet durch ein durch den Multimilliardär Soros finanziertes Marketing-Zentrum in Kiew. Der propagandistische Charakter der Berichterstattung in den russischen und den westlichen Medien kennzeichnet sich nicht vorwiegend durch die Berichterstattung direkter Unwahrheiten, sondern eher durch einen einseitigen Fokus und bewertende Attribute. So werden beispielsweise in russischen Medien als Bildmaterial wesentlich häufiger bewaffnete Formationen des rechten Sektors dargestellt, während in den westlichen Medien die Darstellung vermummter Separatisten dominiert. In den russischen Medien wird Äußerungen der Separatisten quantitativ stärkeres Gewicht zugewiesen, während in westlichen Medien häufiger Quellen aus der ukrainischen Regierung zitiert werden. Die Sachlage, dass die Medienberichterstattung der russischen wie auch der westlichen Medien sich eher nicht durch direkte Lügen, sondern lediglich durch Vereinseitigung und bewertende Attribute kennzeichnet, macht es gleichzeitig möglich durch einen entsprechenden Abstraktions- und Vergleichsprozess die wirkliche Situation  zu erschließen.

 

Motivlage der Beteiligten

 

Der Konflikt ergibt sich aus einem komplexen Zusammenspiel von Macht-, Sicherheits- und Ablehnungsmotiven. Machpolitische Überlegungen kennzeichnen das Handeln von Russland wie auch der westlichen Staaten, wobei es um eine Absicherung und eine Ausdehnung von Einflussbereichen geht. Innerukrainisch erhebt die neue Regierung den Anspruch, die Macht über das gesamte Land und damit auch über diejenigen Landesteile, die ihre Legitimität nicht anerkennen, auszuüben. Die Separatisten wollen nicht die Macht über das gesamte Land, streben aber eine Machtausübung in den Landesteilen an, die die Legitimität der neuen Regierung nicht anerkennen.

 

Machtmotive gehen einher mit finanziellen Interessen, wobei die Bevölkerungsanteile der Ost- bzw. Westukraine wechselseitig eine Verbesserung der eigenen materiellen Situation anstreben, wobei erstere dies insbesondere durch einen Anschluss an das wohlhabendere, der Bevölkerung freundlich gegenüber gesinnte und mit ihr kulturell verbundene Russland erreichen möchten, während der andere Teil sich eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Ressourcen durch einen Anschluss an das reiche Westeuropa erhofft, dem es sich ebenfalls freundlich verbunden fühlt. Die Oligarchen wiederum streben den Erhalt und die Ausdehnung des eigenen Reichtums an und sind daher ggf. auch zu strategischen Seitenwechseln bereit. Auch Russland und die westlichen Staaten haben schließlich wirtschaftliche Motive, weshalb ihnen an Einfluss auf die Ukraine gelegen ist.

 

Neben den Machtmotiven geht es ebenfalls allen Seiten um damit verbundene, aber stärker reaktive und furchtbesetzte Sicherungsmotive. Furcht vor einer Expansion Russlands und umgekehrt Furcht vor einer Einzingelung durch die NATO charakterisieren die Sicherungsmotive der westlichen Staaten respektive Russlands. Furcht vor Ausbeutung und einer Dominanz des jeweils anderen Bevölkerungsanteiles aktivieren innerukrainisch Sicherungsmotive bei beiden Konfliktparteien. Auch eine Dominanz durch Russland oder durch die westlichen Staaten wird innerukrainisch in unterschiedlicher Weise durch beide Konfliktparteien befürchtet.

 

Erkennbar sind insofern ebenso offensive Motive zur Durchsetzung des eigenen Machtanspruches wie defensive Motive zum Schutz vor ungewollter Dominanz und Unterwerfung.

 

Zu den Macht- und Sicherungsmotiven treten irrationale Ablehnungsmotive hinzu in Form einer Hostilität zwischen den verschiedenen Bevölkerungsteilen der Ukraine bzw. ihren Repräsentanten, zwischen ihnen und anderen Staaten sowie auch zwischen den anderen Staaten untereinander. Aufseiten der westlichen Staaten und der westlichen Medien werden Ablehnungsmotive in Form von ausgeprägter antirussischer und antiwestlicher Propaganda erkennbar. Hiermit hängt auch beispielsweise die negative Personalisierung in Bezug auf Putin in der Berichterstattung der westlichen Medien zusammen, aber auch die personalisierte Art und Weise der verhängten Sanktionen. Ein hohes Ausmaß an Ablehnung wird zudem aus dem abgehörten Gespräch der Oppositionsführerin Timoschenko erkennbar sowie aus der wechselseitigen Verwendung einer dehumanisierenden Sprache, bei dem der Gegner nur noch als „zu vernichtender Terrorist“ oder „Faschist“ erscheint.

 

Das Ablehnungsmotiv zeigt sich auf der emotionalen Ebene konkret in Hassgefühlen, die für Menschenrechtsverletzungen, wie dem Brandmassenmord in Odessa, eine nicht unerhebliche Rolle spielen dürften.

 

Anders als dem Machtmotiv, welchem es vorwiegend um die Durchsetzung der eigenen Interessen und die Etablierung einer starken Position geht, beruht das Ablehnungsmotiv vorrangig auf dem Streben nach einer Degradierung des Opponenten. Während das Machtmotiv stärker in rational gekennzeichneten, insofern deutlich zielbezogenen militärischen Aktionen, wie z. B. Besetzung strategisch wichtiger Gebäude oder Abriegelung der Zufahrtswege einer durch den Gegner dominierten Stadt, erkennbar wird, manifestiert sich das Ablehnungsmotiv vorwiegend in über das Ausmaß des nach machtstrategischen Überlegungen eigentlich Erforderlichen hinausgehenden eskalierenden Grausamkeiten, wie beispielsweise der wechselseitigen degradierenden Zurschaustellung von Gefangenen oder mörderischer Mobgewalt. So standen gemäß des Bericht des Guardian-Reporters Regierungsanhänger vor dem Gebäude, in dem ihre Gegner verbrannten oder erstickten, um die zusammen zu schlagen, die sich aus dem Inferno retten konnten.

 

Vor dem Hintergrund der geringeren direkten emotionalen Involviertheit ist von einer relativ stärkeren Bedeutsamkeit des Machtmotives/Sicherungsmotives versus des Ablehnungsmotives für die außenstehenden Staaten (westliche Staaten, Russland) auszugehen als für die direkt vom Geschehen betroffenen innerukrainischen Akteure. Im Rahmen eines Identifikationsprozesses werden jedoch auch die außenstehenden Staaten, ihre Regierungen und Medien ebenfalls von Ablehnungsmotiven ergriffen, was die Gefahr irrationalen Handelns erhöht.

 

Das Zusammenwirken aus Macht-, Sicherungs- und Ablehnungsmotiven führt gegenwärtigen zu einer ungünstigen Konstellation, in deren Rahmen eine blinde Fokussierung auf die eigene Position bei allen Seiten besteht. Durch die Ausblendung der jeweils anderen Seite sowie durch die eigene Propaganda bedingte Einschätzungsverzerrungen, die dem Gegner ausschließlich negative Motive bis hin zu Vernichtungsabsichten unterstellen, verkennen alle Seiten die Möglichkeit für einen Kompromiss. Derweil scheint es aktuell vor allem das immer stärker anwachsende Ablehnungsmotiv zu sein, welches dazu führt, dass trotz unsäglichem menschlichen Leid der militärische Weg weiterhin beschritten wird, anstatt innezuhalten und ernsthaft nach einem friedlichen Lösung zu suchen. Dies wird auch deutlich aus der neuen Äußerung des gegenwärtigen Präsidenten der Ukraine Alexander Turtschinow, dass die Bevölkerung in den umkämpften Gebieten die Terroristen unterstütze. Denn der daraus gezogene Schluss, die Militäroffensive zu intensiveren und nach wie vor auf eine Lösung mit Panzern und Maschinengewehren zu setzen, ist nur erklärbar unter der Annahme einer tief greifend erlebten Aversion gegen eben die Menschen, in deren Wohngebieten die Offensive stattfindet.

 

 

Mögliche Ergebnisse und Lösungen

 

Es sind verschiedene Szenarien denkbar, wie sich die Situation entwickeln könnte:

 

 

- Kiew setzt sich durch

 

Unter Umstände könnte es der Regierung mit beratender Unterstützung durch Experten zur Aufstandsbekämpfung der US-Regierung - und wenn Russland nicht direkt interveniert – gelingen, den Aufstand niederzuschlagen. In diesem Fall bestünde die Notwendigkeit, die eroberten Gebiete – von einer Eroberung kann gesprochen werden, weil die Bevölkerung dieser Gebiete gegen die Regierung in Kiew eingestellt ist -  durch militärische und polizeiliche Maßnahmen dauerhaft zu sichern. Ohne erhebliche Einschüchterung, Gewalt und Inhaftierungen wird dies nicht möglich sein. Ergebnis wären lateinamerikanische Zustände in der Ukraine, die fraglos mit erheblichen Menschenrechtsverletzungen einhergehen würden. Im direkten Stellungskrieg geschlagen, wäre es zudem hochwahrscheinlich, dass Teile der Separatisten zu Strategien des Guerillakrieges und des Terrorismus übergehen würden, die letztlich auch in Gebieten außerhalb der Ost und Südostukraine, einschließlich der Hauptstadt, zu Einschränkungen der Sicherheit und Opfer führen würde. Mögliche Versuche einer Regierung, die mit brachialer Militärgewalt ihre Legitimation erkämpfte, auf die Bevölkerung des Osten und der Südosten der Ukraine zuzugehen, werden demgegenüber vermutlich nicht tragfähig fruchten, weil Ablehnung und Hass durch die zahlreichen Verletzen und Toten sowie durch das als Besatzung und Unterdrückung erlebte Regime nicht absinken, sondern ansteigen werden. Wahrscheinlich würden NATO-Staaten und Geheimdienste die Regierung dauerhaft bei ihren Repressionsmaßnahmen gegen anhaltenden Widerstand unterstützen, während Russland umgekehrt Unterstützung für die Aufständischen leisten würde.  

 

-Russland marschiert ein

 

Bei fortgesetzter militärischer Eskalation und steigender Anzahl an Opfern sowie immer stärker werdender Hilferufe aus der Ost- und Südostukraine, könnte sich Russland veranlasst sehen, den Kräften des Aufstandes mit eigenen Truppen zur Hilfe zu kommen. Die ukrainische Armee wäre machtlos gegen die russische Übermacht und die NATO-Staaten würden aller Voraussicht nach einen Krieg mit Russland vermeiden. Im Ergebnis würden so Teile der Ostukraine und Südostukraine dauerhaft von der Ukraine abgetrennt, würden entweder mit starkem russischen Einfluss selbstständig werden oder schrittweise in die russische Föderation aufgenommen. Die westlichen Staaten sich ihren Einfluss über die Restukraine sichern, die vermutlich Teil der NATO werden würde.  Folge wäre eine neuer Status Quo.

 

- Aufständische stabilisieren sich aus eigener Kraft

 

Vorstellbar ist ebenfalls, dass die Regierung in Kiew bei ihrem Bemühen, den Aufstand niederzuschlagen scheitert. Die Aufständischen würden sich in diesem Fall verstärkt etablieren und nach und nach würden Gebiete ihren Austritt aus der Ukraine erklären, die nachfolgend entweder im Bündnis mit Russland selbständig bleiben oder sich doch der russischen Föderation anschließen würden. Ergebnis wäre ebenfalls ein neuer Status Quo mit der Restukraine als Mitglied des westlichen Einflussbereiches und der Ostukraine als Teil eines Bündnisses oder sogar einer Staatengemeinschaft mit Russland.

 

- Status Quo besteht fort

 

Statt eines klaren Sieges oder Scheitern einer Seite, könnte der aktuelle Zustand andauern. Resultat wäre ein langfristiger Bürgerkrieg mit allen damit verbundenen Folgen, einschließlich anhaltender schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen auf allen Seiten. Möglich wäre, dass die NATO-Staaten und Russland ihrerseits nicht auf ein definitives Ende zusteuern, sondern mit dazu beitragen, den Konflikt am Laufen zu halten, wie sie dies während des kalten Krieges im Rahmen zahlreicher Stellvertreterkriege bereits praktizierten.

 

-  Kompromiss führt zum Frieden

 

Auch wenn derzeit auf aller Seite Irrationalität, unbedingter Durchsetzungswillen, paranoide Angst vor dem jeweils anderen und dessen tiefgreifende Ablehnung und Dehumanisierung dominieren, ist es dennoch im Bereich des Möglichen, dass Vernunft und Menschlichkeit siegen werden. Gerade wenn ein rascher Sieg einer Seite nicht umsetzbar ist, könnte die Situation eintreten, dass allen Seiten die Kosten zu hoch erscheinen und sie trotz Ablehnung, Angst vor der anderen Seite und Angst vor Gesichtsverlust die Bereitschaft für einen wirklichen Kompromiss entwickeln.  Ein Waffenstillstand und direkte Verhandlungen aller am Konflikt Beteiligten könnten hierfür die Voraussetzung schaffen. Ergebnis wäre bei solch einer Lösung aller Wahrscheinlichkeit die de facto Anerkennung der Krim als Teil Russlands und eine föderalisierte, außenpolitisch neutrale Ukraine mit starken Rechten für die demokratisch zu wählenden Landesregierungen. Um eine erneute tödliche Konfrontation zwischen den noch verfeindeten Bevölkerungsgruppen zu verhindern, könnte gleichzeitig in der Verfassung festgeschrieben werden, dass gravierende außenpolitische Entscheidungen, wie eine Mitgliedschaft in EU oder NATO, nur nach einer Volksabstimmung mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen getroffen werden können. Mit einer solchen Lösung würde zudem die Voraussetzung für eine echte Versöhnung der verfeindeten Bevölkerungsanteile geschaffen. Für eine solche Versöhnung könnten im Übrigen weniger gerichtliche Verfahren, sondern eine Versöhnungskommission nach südafrikanischem Muster einen besonders wichtigen Beitrag leisten.

 

 

Für die Menschen in der Ukraine, aber auch als Vorbild für alle Staaten und Menschen ist zu hoffen, dass es gelingen wird, das hier zuletzt dargestellte fünfte Szenarium Wirklichkeit werden zu lassen. Es wäre eine reife, menschenwürdige und gleichzeitig auch dauerhaft tragfähige Lösung, die anders als alle anderen denkbaren Szenarien weitere Blutbäder verhindern und die Menschen der Ukraine zu einem neuen Miteinander führen könnte.

 

 

Belege zu zahlreichen hier dargestellten Sachverhalten finden sich in folgenden vorherigen Artikeln auf Menschenrechte.eu:

 

 

- Ukraine: Der neue kalte Krieg ist ein Krieg gegen die Menschenrechte

 

- Ukraine-Konflikt: Die Wirklichkeit im Nebel der Propaganda 

 

 

Verfasser: Guido F. Gebauer

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Kommentar von Friedrich Achtel |

Also wirklich, dieser Artikel ist eine Fleißarbeit und um jedwede Sachlichkeit bemüht. Leider scheint es aber so, dass ihn zu Wenige lesen. Es fehlt wohl der persönliche Standpunkt und das was Manche mögen, etwas Reißerisches. Und gerade das muss bei diesem Thema außen vor bleiben. Die geschilderten Ansichten von Kiew, Donezk, Moskau, Brüssel und Washington lassen für die Bürger der Ukraine keine Möglichkeit ihre eigene Wahl zu treffen. Drei Weltmächte, wenn man so will, üben auf ein Land starken Druck aus.
Dieser ist die Ursache für das Auseinanderbrechen der jahrhundertlangen Gemeinschaft, und das alles unter dem Banner von Humanität und Menschenrechten. Betrachtet man Europa, so erkennt man, das Auseinanderbrechen der Staaten, wie z.B. in Spanien, Großbritannien Belgien etc. Aus dieser Tatsache heraus könnte Man vermuten das die Ukraine , wie Jugoslawien auch, europareif geschossen werden soll. Schön wäre es, liebe Redaktion, wenn ich mich schon benennen muss um diesen Beitrag zu schreiben, das dies auch der oder die Autoren des Artikels tun. E ist einfach besser, kann man doch heutzutage im Vorab, je nach Namen, entscheiden ob man den Artikel lesen will oder nicht.

Kommentar von Götz Schlimme |

Sehr guter Artikel!
Den kann man nur Weiter empfehlen!