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Westliche Staaten stürzten Syrien und Irak in die ISIS-Katastrophe

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SPD-Fraktionschef Oppermann hat in einer neuerlichen Stellungnahme den Irak Krieg des damaligen US-Präsidenten George W Bush für den katastrophalen Zerfall des Irak und Syriens und die Einnahme weiter Landstriche durch die extremistisch-islamistischen ISIS-Kräfte verantwortlich gemacht. Massenhinrichtungen und Folterungen, barbarischste Tötungsmethoden von Kreuzigungen bis zu Enthauptungen sind die Folgen. Millionen Menschen sind auf der Flucht.

 

Es ist begrüßenswert und realitätsgerecht, wenn Oppermann auf den Irakkrieg des George W Bush als einen die jetzige Eskalation erst ermöglichenden Vorläufer hinweist. Die Analyse bleibt jedoch auf halber Strecke stehen, wenn Oppermann nur den Irakkrieg benennt, nicht aber den NATO-Bombenkrieg zum Sturz des libyschen Diktators Gaddafi erwähnt und ebenso zur westlichen Förderung eines bewaffneten Kampfes zum Sturz des syrischen Gewaltherrschers Assad schweigt. Gegen diese Strategie des bewaffneten Kampfes wandte sich entschieden die syrische Oppositionsorganisation National Coordination Committee for Democratic Change (NCC) und vor ihr warnten auch viele andere Stimmen – nicht, um Assad zu unterstützen, sondern um das syrische Volk vor einer absehbaren Menschenrechtskatastrophe zu schützen.

 

Es ist lobenswert, dass sich die damalige Bundesregierung unter Kanzler Schröder nicht am Irakkrieg beteiligte, auch wenn unterhalb der Schwelle einer direkten Teilnahme Unterstützungsleistungen erfolgten. Auch am Bombardement in Libyen beteiligte sich die damalige Regierung unter Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle nicht, wofür sie sich allerdings später – irrtümlicherweise – in gewisser Weise zu schämen schien. Kriegsengagement wurde damals durchaus auch im deutschen Bundestag gefordert, allen voran durch Bündnis90/die Grünen, wobei Marieluise Beck in einem persönlichen Statement sogar soweit ging, Bombenangriffe als Lektion aus dem Holocaust zu verstehen (siehe Artikel mit Belegangabe hier).

 

Seither ist die Gesellschaft Libyens zerstört. Gewalttätige Anarchie, Verschleppungen, Folter, Exekutionen (siehe hier) und seit Kurzem wieder Raketen- und Bombenangriffe prägen das Leben der Menschen im post-Gaddafi Libyen. Mit der Säuberung der Stadt Tawergha von allen ihren schwarzen Einwohnern, vom Säugling bis zum Greis, wurde gar ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, welches andauert. Die barbarische Ermordung des Diktators vor den Augen der Weltöffentlichkeit, die das gewaltsame Einführen eines Stockes in den After einschloss und für die seither keiner der per Handyaufnahme kenntlichen Täter bestraft wurde, war bereits damals kein Einzelfall und ist es auch im Nachhinein nicht geblieben, sondern gehörte und gehört zum Standardrepertoire in den landesweit verteilten Foltercamps.

 

Die internationale Gemeinschaft duldete das Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tawergha ebenso wie die Fortdauer der Foltercamps, in denen Menschen bis zum heutigen Tag unvorstellbaren Grausamkeiten unterworfen werden. Siehe auch →hier für eine aktualisierte Analyse der Situation in Libyen mit dem Schwerpunkt darauf, wie eine Bündnis aus skrupellosen Machtpolitikern, wie Sarkosy, und naiven Menschenrechtsinterventionisten, wie Marieluise Beck, dazu beitrug, das libysche Volk in die Katastrophe zu stürzen. 

 

Im Fortgang erfolgte eine weitere Radikalisierung, islamistische Kräfte dehnten ihren Einfluss aus und Waffen aus Libyen überschwemmen zahlreiche Gebiete Afrikas und des Nahen Ostens – sie gelangen nach Libyen und in den Irak ebenso wie zur nigerianischen Boko-Haram Gruppe, die dabei ist, ganz Nigeria zu destabilisieren.

 

Aus den Verheerungen, die die  westliche Staatengemeinschaft in Libyen anrichtete, lernte sie nichts, sondern setzte ihr Handeln in Syrien fort, diesmal mit Unterstützung der aktuellen Bundesregierung und damit auch der SPD. Indem der Westen die syrische Opposition, die gegen einen bewaffneten Kampf eintrat, kaltstellte und stattdessen gewaltbereite Kräfte mit politischen, propagandistischen, finanziellen und geheimdienstlichen Mitteln förderte, schuf er die Katastrophe, in der sich die Menschen in Syrien und im Irak nunmehr befinden. Die westliche Staatengemeinschaft entschied sich dagegen, dem Assad-Regime Handlungsspielräume im Rahmen einer Kompromisslösung zu gewähren und betrieb stattdessen die militärische Eskalation.

 

Wie zuvor in Libyen und wie von den Kritikern vorhergesagt, führte dies zum Erstarken extremistischer islamistischer Kräfte, denen schließlich selbst Al Qaida noch zu moderat war und die dieser Tager als ISIS wie eine Heimsuchung über die Menschen in Syrien und Irak herfallen. Dass eine derartig brutale Organisation dennoch ein erstaunlich hohes Ausmaß an Unterstützung im Irak findet, liegt wiederum – wie Oppermann korrekterweise feststellt – an den Ungerechtigkeiten, denen sich die Sunniten dort seit Jahren mit westlicher Duldung seit Sturz des Gewaltregimes von Saddam Hussein ausgesetzt sehen.

 

Im durch den Westen angeheizten und im Grunde erst in Gang gesetzten Bürgerkrieg in Syrien sind mittlerweile weitaus mehr Menschen verstorben als ihr Leben gelassen hätten, selbst wenn das Assad-Regime unverändert Jahrzehnte an der Macht geblieben wäre. Millionen wurden vertrieben, Hunderttausende verletzt, die Infrastruktur wurde großräumig zerstört. Gleichzeitig explodierte der Hass zwischen den verschiedenen Völkern und Religionen, die Syrien bewohnen.

 

Wenn es Oppermann tatsächlich um eine ehrliche Analyse der Ursachen des Fiaskos in Syrien und im Irak gehen sollte und wenn er künftige Wiederholungen vermeiden möchte, dann sollte er nicht weiter beim Irakkrieg des George W. Bush stehen bleiben, sondern ebenso den NATO-Krieg in Libyen und die westliche Politik der militärischen Eskalation in Syrien mit einbeziehen. Tut er dies nicht, bleibt seine Analyse verkürzt, wird keine präventive Wirksamkeit entfalten können und vermittelt zudem den Eindruck parteipolitischen Opportunismus.

 

In Libyen, in Syrien und im Irak haben wir Fehler begangen, die vorhersehbar waren und deren Folgen für die betroffenen Völker so schwerwiegend sind, dass due Fehler ein Verbrechen sind. Wir haben Öl ins Feuer gegossen und den Sprengkraft erst zur Explosion gebracht,  der seither unzählige Menschen vernichtet und ganze Länder mit einer Spur der Verwüstung durchzieht, einer Verwüstung, von der derzeit weder absehbar ist, wie weit sie sich noch ausdehnen wird noch ob sie überhaupt reparierbar sein wird.

 

Das westliche Engagement in Syrien hat derweil zu der absurden Situation geführt, dass die offizielle Repräsentantin der al Qaida in Syrien, die al-Nusra Front, im Bündnis mit der durch den Westen unterstützten Syrian Revolutionary Front (SRF) kämpft (siehe hier). Griff al Qaida einstmals die USA am 11. September an, sitzt sie nun mit der USA in Syrien – ungewollt, aber in bitterer Realität –im selben Boot. Der Kampf der USA gegen den Terror ist so ein gemeinsamer Kampf mit den Terroristen geworden, die nunmehr an den Golan-Höhen mehr als 40 UNO-Blauhelme als Geiseln genommen haben. Selbst wenn deren Freilassung schnell verhandelt werden können mag,   Ist ein größerer Irrsinn vorstellbar? Leider hat Oppermann es versäumt, auch diesen Sachverhalt ausreichend zu würdigen.  

 

In völliger Verkennung eigentlich offensichtlicher Sachverhalte haben westliche Politiker im Namen von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten andere Völker in tiefstes Elend zu stürzen, ein Elend, dessen Ausmaß so immens ist, dass eine Steigerung schwer vorstellbar erscheint. Derweil hat die Bündnisgrüne Marieluise Beck – sie sei noch einmal als ein Beispiel angeführt - sich bis heute nicht von ihrer Instrumentalisierung des Holocaust zur Rechtfertigung dieses verhängnisvollen Weges distanziert oder sich gar dafür entschuldigt. Den Menschen, die im Irak oder Syrien jetzt vertrieben, gefoltert, getötet oder gekreuzigt werden, hätte eine solche Entschuldigung sicherlich nicht mehr geholfen, sie hätte aber gezeigt, dass es noch westliche Politiker gibt, die wenigstens bereit sind, ihre Fehler zu erkennen und zu einer Politik des tatsächlichen Menschenrechtsbezuges zurückzukehren. Eine solche Politik kann nur eine Politik des Kompromisses und der Deeskalation sein. Oppermann hat möglicherweise angedeutet, dass er diesen Weg erwägt, eingeschlagen hat er ihn aber noch lange nicht.

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